Bei Auffälligkeiten der Haut leiden die Betroffenen nicht nur unter der Krankheit selbst, sondern auch unter den skeptischen Blicken von Mitmenschen. Was macht das mit den Patienten?
Dr. Uwe Schwichtenberg: Es führt zu einer großen Verunsicherung. In der Praxis erlebe ich viele Patientinnen und Patienten mit Hautveränderungen, die sie selbst gar nicht stören würden – sie benötigen aber Hilfe, weil ihre Umgebung völlig unangemessen darauf reagiert.
So werden etwa Patienten mit kreisrundem Haarausfall gefragt, wie lange sie mit ihrer Krebserkrankung noch zu leben hätten. Selbstständige erhalten einen Auftrag nicht, weil ihnen eine schwere Krankheit unterstellt wird. Durch diese Reaktionen kommt es zu einer sozialen Ausgrenzung, die Betroffenen ziehen sich zurück und wagen sich zum Beispiel nicht mehr ins Schwimmbad oder den Sportverein.
Welche Hautveränderungen stehen hinsichtlich dieser Diskriminierung im Vordergrund?
Das sind insbesondere Krankheiten, die mit Flecken auf der Haut einhergehen, wie beispielsweise Psoriasis, atopische Dermatitis oder Vitiligo. Doch auch entstellende Narben etwa aufgrund eines Unfalls oder bei starker Akne führen zur Stigmatisierung.
Sind Patienten mit Hyperhidrose ebenfalls von Stigmatisierung betroffen?
Ja, auch Patienten mit übermäßiger Schweißbildung leiden darunter: Sie haben deutlich sichtbare Schweißflecken unter den Achseln oder ständig nasse Hände. Manche schwitzen ununterbrochen, bei anderen treten spontane Schweißausbrüche auf.
Allen gemeinsam ist, dass sie ihren Alltag darauf ausrichten müssen. Also immer Ersatzkleidung dabei haben oder erst später in die Arbeit gehen, wenn eine Präsentation ansteht und sie bis dahin nicht schon komplett durchgeschwitzt sein wollen. Gerade bei dieser Krankheit wird die Wirkung auf die Lebensqualität oft drastisch unterschätzt.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Hyperhidrose?
Zunächst kann eine topische Behandlung mit Aluminiumchlorid-haltigen Flüssigkeiten erfolgen. Für die Bedenken gegenüber den früher oft in Deos enthaltenen Aluminiumsalzen gibt es nach bisherigem Kenntnisstand übrigens keine Belege, sie können jedoch zu Hautreizungen führen. Weitere Möglichkeiten sind die Leitungswasser-Iontophorese oder systemische Anticholinergika wie Glycopyrroniumbromid oder Methantheliniumbromid sowie die operativen Interventionen wie die axilläre Saugkürettage oder die Sympathektomie.
Wo finden Betroffene Unterstützung bei Stigmatisierung?
Für Patienten mit atopischer Dermatitis oder Psoriasis empfehle ich die Internetseite www.bitteberuehren.de. Auch Selbsthilfegruppen sind hilfreich und eine erfolgreiche Therapie verringert die Stigmatisierung natürlich auch. Viele denken, es gebe keine Therapeutika, dabei hat sich hier viel getan in den letzten Jahren.