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Serie "EKG in der Hausarztpraxis"Herz-Op im Kindesalter

Auch bei der Diagnose einer Myokard-Hypertrophie kann das EKG unterstützen. Welche Zeichen sind typisch? Wir zeigen es anhand eines Fallberichts.

Die Patientin ist 40 Jahre alt und wurde als Kind wegen eines komplexen angeborenen Herzfehlers operiert (Symbolbild).

Eine neue Patientin stellt sich in Ihrer Praxis vor. Sie ist 40 Jahre alt und berichtet, im Kindesalter wegen eines komplexen angeborenen Herzfehlers eine große Op erhalten zu haben. Bis zum 18. Lebensjahr war sie in regelmäßiger kinderkardiologischer Betreuung, seitdem habe sie die Arztbesuche “etwas schleifen lassen”.

Nun möchte sie mal wieder einen “Check-up” durchführen lassen. In der körperlichen Untersuchung finden sich abgesehen von einer unauffälligen Sternotomie-Narbe keine Auffälligkeiten. Sie lassen ein EKG schreiben (siehe Abbildung unten).

EKG-Analyse

Wir sehen im EKG die klassischen Zeichen einer rechtsventrikulären Hypertrophie (hohes R in V1 und V2, tiefes S in V5 und V6, RV1+SV6 = deutlich größer als die für eine rechtsventrikuläre Hypertrophie geforderten 1,05 mV). Ansonsten finden sich ein mit 114 ms verbreiterter QRS-Komplex sowie eine grenzwertige PQ-Zeit mit 190 ms.

Der Lagetyp ist ein überdrehter Rechtstyp. Passend zu einer rechtsventrikulären Druckbelastung finden sich Zeichen des “right ventricular strain”, nämlich die negativen T-Wellen in V1 bis V4 sowie in der Ableitung III.

Vorhofumkehr-Operation

Nach zeitintensiver Recherche können Sie den letzten Arztbrief der Patientin aus der kinderkardiologischen Praxis organisieren. Operiert wurde sie aufgrund einer angeborenen Transposition der großen Gefäße (TGA). Hier fließt der systemvenöse Rückstrom physiologischerweise in den rechten Vorhof und im Anschluss in den rechten Ventrikel, schließlich allerdings über die Aortenklappe unoxygeniert zurück in den Systemkreislauf.

Das oxygenierte Blut aus den Lungenvenen fließt analog zunächst physiologischerweise in den linken Vorhof und den linken Ventrikel, von hier jedoch schließlich über die Pulmonalklappe zurück in den Lungenkreislauf (atrio-ventrikuläre Konkordanz, ventrikulo-arterielle Diskordanz).

Unsere Patientin wurde damals per mittlerweile obsoleter Vorhofumkehr-Operation nach Senning operiert. Bei dieser wird das im rechten Vorhof ankommende systemvenöse Blut in den morphologisch linken Ventrikel umgeleitet und fließt von hier aus über die Pulmonalklappe in die Lungenzirkulation.

Das im linken Vorhof ankommende oxygenierte Blut wird in den morphologisch rechten Ventrikel umgeleitet und fließt von diesem aus über die Aortenklappe in den Systemkreislauf. Dies bedeutet, dass sich der rechte Ventrikel in Systemposition befindet (subaortaler Ventrikel), der linke Ventrikel liegt subpulmonal.

Durch die jahrelange Druckbelastung kommt es als Konsequenz zu einer deutlichen Hypertrophie des rechten “Systemventrikels” (siehe Abbildung unten).

Eine linksventrikuläre Hypertrophie (LVH) ist häufig. Neben der primären hypertrophen Kardiomyopathie tritt sie sehr viel öfter sekundär auf. Typische Ursachen sind eine langjährige Druckbelastung des linken Ventrikels. Ein erhöhter systolischer Druck im linken Ventrikel, pathophysiologisch auch erhöhte Nachlast, entsteht beispielsweise häufig durch eine arterielle Hypertonie oder eine Aortenklappenstenose.

Typische Zusatzbefunde einer LVH sind eine Vergrößerung des linken Vorhofs, eine diastolische Dysfunktion und eine meist geringgradige Dilatation der proximalen Aorta ascendens.

Die Wand des rechten Ventrikels ist unter physiologischen Umständen deutlich dünner als die des linken Ventrikels, da im Lungenkreislauf grundsätzlich niedrigere Druckverhältnisse bestehen als im Systemkreislauf. Analog zum linken Ventrikel hypertrophiert auch der rechte Ventrikel nach langanhaltender Druckbelastung.

Ab einer Wanddicke von 5 Millimetern sprechen wir von einer rechtsventrikulären Hypertrophie (RVH). Die häufigste Ursache für eine Druckbelastung des rechten Herzens ist die pulmonale Hypertonie.

Wie hilft das EKG weiter?

Das EKG ist nicht das diagnostische Mittel der Wahl zur Diagnose einer Myokard-Hypertrophie. Die Sensitivität beträgt weniger als 50 Prozent. Im Falle eines klinischen Verdachts sollten Sie das EKG als günstiges, schnelles und nichtinvasives Instrument zum Screening dennoch unbedingt nutzen. Die Spezifität erreicht wiederum fast 90 Prozent. Ergibt sich der Verdacht auf eine strukturelle Herzerkrankung, steht als nächste diagnostische Stufe die Echokardiografie zur Verfügung.

Bei einer Hypertrophie können folgende typische EKG-Veränderungen auftreten:

  • QRS-Komplex: Insbesondere führt die Verdickung des Myokards zu einem höheren Ausschlag der RS-Amplitude und die hierdurch bedingte längere “Reise” der Erregungsausbreitung zu einer Verbreiterung des QRS-Komplexes bis hin zum verspäteten Beginn des oberen Umschlagpunkts.
  • Herzachse: Bei höhergradiger Hypertrophie kann es zu einer Lageänderung des Herzens kommen. Die elektrische Herzachse richtet sich dann zum hypertrophierten Ventrikel, bei LVH nach links, bei RVH nach rechts.
  • Ischämie-Zeichen: Eine linksventrikuläre Hypertrophie kann so ausgeprägt sein, dass die Koronarien die Sauerstoffversorgung nicht mehr über die ganze Wandbreite sicherstellen können. Es kommt zur relativen Ischämie. Klinisch äußert sich diese durch eine typische belastungsinduzierte Angina pectoris. Erkrankungen, die zu einer LVH führen, lösen außerdem eine diastolische Dysfunktion, also erhöhte linksventrikuläre Füllungsdrücke, aus. Die hohen Drücke verursachen wiederum eine schlechtere Perfusion des endokardnahen Myokards. Bei schwerster Hypertrophie kann die chronische Ischämie sogar zum bindegewebigen Umbau des Herzmuskels, also zur Myokardfibrose, führen. Gar nicht so selten ist dies bei Patienten mit hypertropher Kardiomyopathie, bei denen die Myokarddicke mehr als 30 mm betragen kann. Im EKG werden Ischämie-Zeichen wie ST-Senkungen und T-Negativierungen sichtbar. Die Myokardhypertrophie stellt bei Ischämie-Zeichen allerdings nur eine Differenzialdiagnose dar, zunächst müssen Sie natürlich an eine koronare Herzerkrankung denken.

Sokolow-Lyon-Index

Der Sokolow-Lyon-Index bezieht sich auf die hypertrophiebedingte Erhöhung der RS-Zacken-Amplitude. Für die Beurteilung des linksventrikulären Myokards wird die höchste Amplitude der R-Zacke entweder in V5 oder V6 zur Amplitude der S-Zacke in V1 addiert. Ist die Summe größer als 3,5 mV, so ist der Index positiv und es besteht der Verdacht auf eine LVH.

Analog zum linken Herzen wird zur Beurteilung des rechtsventrikulären Myokards die R-Zacke in V1 und die S-Zacke in V5 oder V6 beurteilt. Übersteigt die Summe 1,05 mV, so besteht der Verdacht auf eine RVH.

Die Limitationen der Sokolow-Lyon-Methode sind vielfältig. Dies wird durch die Sensitivität von weniger als 50 Prozent ausgedrückt. Ist der Index jedoch positiv, müssen wir dafür eine Erklärung suchen.

Eine LVH ist im Patientenkollektiv der Inneren Medizin sehr häufig. Ist der Sokolow-Lyon-Index positiv und dies nicht durch die bekannten Erkrankungen des Patienten erklärt, gilt es, weiter in die Richtung einer strukturellen kardialen Erkrankung zu denken und mittels Bildgebung (zunächst per transthorakaler Echokardiografie) zu untersuchen.

Literatur bei den Verfassern.

Interessenkonflikte: Die Autoren sind Gründer und Geschäftsführer der Doctopia GmbH.

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