Berlin. Ab dem 1. Juli werden Kassen nicht mehr gefragt, ob eine Verordnung zur geriatrischen Reha bei Patienten ab 70 Jahren medizinisch erforderlich ist. Ärztinnen und Ärzte müssen allerdings zusätzliche Angaben auf dem Formular machen, aus denen die geriatrietypische Multimorbidität hervorgeht, teilt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einer PraxisInfo mit. Dazu gehören mindestens eine rehabegründende Funktionsdiagnose sowie mindestens zwei geriatrietypische Diagnosen, die vorliegen müssen.
Geriatrietypische Diagnosen können zum Beispiel chronische Schmerzen, Harninkontinenz, Muskelschwund und Muskelatrophie (Sarkopenie), Demenz oder Sturzneigung sein. Tipp der KBV: Neben weiteren Informationen gibt es eine Liste geriatrietypischer Diagnosen in den Vordruckerläuterungen zum Reha-Formular. (www.kbv.de/media/sp/Muster_61_VE.pdf – hier bis ans Ende scrollen)
Funktionstest nicht älter als sechs Wochen
Bei der Auswahl der Funktionstests ist wichtig, dass diese die Schädigungen medizinisch am besten abbilden, erklärt die KBV. Das Ergebnis des Tests für die rehabegründende Funktionsdiagnose dürfe nicht älter als sechs Wochen sein, weist die KBV hin und stellt eine Übersicht von Tests vor:
Mobilität: ·
- Timed „Up & Go“ (TUG) in Verbindung mit Chair Stand-Up Test (Chair-Rise)
- de Morton Mobilitäts Index (DEMMI)
- Motilitätstest nach Tinetti
- Handkraft-Messung
Kognition: ·
- Mini Mental Status Test (MMST)
- Geriatrische Depressions-Skala (GDS 15)
- Uhrentest nach Watson
Schmerz:
- Visuelle oder Numerische Schmerzskala
Herz-/Lungenfunktion:
- Ergometrie in Verbindung mit Spirometrie
- NYHA-Skala (New York Heart Association Classification)
Aber auch bei allen anderen Indikationen können Krankenkassen die Verordnung nicht mehr ohne Weiteres ablehnen, so die KBV. Nur wenn der Medizinische Dienst (MD) eine abweichende gutachterliche Stellungnahme abgibt, können die Kassen eingreifen.
Versicherte müssen Gutachten-Versand zustimmen
Eine weitere Neuerung: Reha-verordnende Ärzte müssen ihre Patienten fragen, ob sie einer Übersendung der gutachterlichen Stellungnahme des MD an die verordnende Praxis zustimmen und ob sie wollen, dass die Krankenkassenentscheidung an Dritte, zum Beispiel Angehörige oder Vertrauenspersonen, übermittelt wird. Zustimmung oder Ablehnung muss auf dem Formular dokumentiert werden.
Außerdem gilt: Bei sogenannten Anschlussrehabilitationen nach einem Krankenhausaufenthalt entfällt bei bestimmten Krankheitsbildern ebenfalls die Vorab-Überprüfung der medizinischen Notwendigkeit durch die Krankenkassen, teilt die KBV mit.
Alte Formulare vernichten
Ab dem 1. Juli gelten nur noch die neuen Formulare, die alten müssen vernichtet werden. Zur Zeit wird noch im Bewertungsausschuss über die Vergütung beraten.
Weitere Informationen der KBV zu dem neuen Formular finden Sie unter: https://hausarzt.link/B97X2