Hannover. Zwar könne ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) eine gute Organisationsform sein, um regional die medizinische Versorgung sicherzustellen. Allerdings entdeckten zunehmend auch Investoren MVZ für sich, die dabei in der Regel nicht das Wohl der Patienten oder eine gute medizinische Versorgung im Sinn haben, sondern vielmehr ihre Rendite. Diesem Treiben müsse der Gesetzgeber Einhalt gebieten, waren sich die Hausärztinnen und Hausärzte auf der Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes (6. bis 7.5.) in Hannover einig.
Dr. Markus Beier, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, wies in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten hin: Die Behandlung eines Patienten in einem investorenbetriebenen MVZ im Vergleich zu einem von Ärzten geleiteten MVZ ist demnach um zehn Prozent teurer. Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass die erzielten Renditen ins Ausland wanderten.
Möglichst viel Rendite aus Patienten herausholen
Aus Sicht von Investoren seien MVZ erfolgreiche Geschäftsmodelle, in denen mittels Ringüberweisungen und gewinnoptimierten Behandlungspfaden möglichst viel Geld aus den Patienten herausgeholt würde. Im Gegensatz dazu stünden Hausärztinnen und Hausärzte dafür ein, dass „Patienten das bekommen, was sie brauchen“, sagte Beier.
Versorgungsstrukturen im Gesundheitswesen, in denen die Rendite an oberster Stelle stehe, müssten – auch im Interesse der Gesellschaft – unbedingt eingedämmt werden.
Damit auch etwas gegen derartige MVZ unternommen wird, haben Vertreterinnen und Vertreter aller Landesverbände den Antrag: „Stärkung der Transparenz und Regulierung bei der Trägerschaft von Medizinischen Versorgungszentren“ eingebracht. Die Delegierten fordern darin den Gesetzgeber auf, “die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen umgehend in die Wege zu leiten“.
Zehn Forderungen an den Gesetzgeber
Die Forderungen im Einzelnen lauten:
- Einführung eines MVZ-Transparenzregisters, aus dem sich auch die nachgelagerten Inhaberstrukturen ergeben,
- vorrangige Berücksichtigung niederlassungswilliger Ärztinnen und Ärzte gegenüber MVZ im Praxisnachbesetzungsverfahren,
- Begrenzung der Zahl der Angestellten auch für die MVZ,
- Schaffung der Vorgabe, dass Vertragsärzte über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte der MVZ-Trägergesellschaft verfügen bzw. die Entscheidungsstrukturen einer MVZ-Trägergesellschaft in Händen von Vertragsärzten liegen,
- Schaffung der Vorgabe, dass den Zulassungsausschüssen die Möglichkeit eingeräumt wird, -vergleichbar wie bei der Zulassung von Vertragsärzten – die Geeignetheit von MVZ zu prüfen, d.h. deren Fähigkeit eine ordnungsgemäße Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten,
- Beschränkung der Gründungsbefugnis für MVZ von Krankenhäusern analog der von Zahnärzten und die Schaffung der Vorgabe, dass ein Krankenhaus-MVZ nur noch in räumlicher Nähe zum dem gründenden Krankenhaus möglich ist,
- Streichung der sogenannten Konzeptbewerbung (§103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 9 SGB V) aus dem Gesetz,
- Feststellung der Unzulässigkeit des Abschlusses von Gewinnabführungs- oder Beherrschungsverträgen mit natürlichen oder juristischen Personen durch MVZ, die in der Rechtsform einer GmbH geführt werden,
- Streichung der Möglichkeit des Zulassungsverzichts zu Gunsten eines MVZ,
- Schaffung der Vorgabe, wonach der Abschluss von Gewinnabführungs- oder Beherrschungsverträgen von MVZ mit natürlichen oder juristischen Personen unzulässig ist.
Viel Lob für den Antrag – aber auch etwas Kritik
Die Delegierten lobten und bedankten sich für den Antrag. Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Chefin des Hausärzteverbandes Landesverband Baden-Württemberg, meinte in diesem Zusammenhang: „Wir müssen der Politik zeigen, wer der Garant für die bestmögliche Gesundheitsversorgung ist – und das sind wir Hausärzte.“
Investoren drängten mit aller Macht auf den Markt. Die Politik wolle Antworten von den Ärztinnen und Ärzten haben. Ein reiner Abwehrkampf werde nicht mehr ausreichen. Vielmehr müssten die eigenen Konzepte weiterentwickelt werden, wie etwa die Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) und die Idee der Teampraxen.
Diskussionsbedarf an zentralen Stellen
Allerdings löste der Katalog auch einigen Diskussionsbedarf aus. Besonders Punkt 9 des Forderungskatalogs wurde dabei von einigen Delegierten kritisch gesehen. Schließlich sei die Abgabe der Praxis oft für die Altersvorsorge ein wichtiger Baustein. So würden auch die Möglichkeiten praxisabgabewilliger Ärztinnen und Ärzten eingeschränkt werden.
Ebenso bereitete der dritte Punkt des Katalogs – die Begrenzung der Anzahl der angestellten Ärztinnen und Ärzten – manchem Delegierten Kopfschmerzen. Schließlich schränke dies auch hausärztlich geführte MVZ ein.
MVZ-Inhaber mit aufs Praxisschild
Um juristisch auf der sicheren Seite zu sein und sich nicht selbst ein Bein zu stellen, stimmten die Delegierten dem Antrag vom Grunde her zu. Dies aber nur unter der Maßgabe, dass der Vorstand Detailfragen – wie etwa Punkt 9 – ausreichend klärt und intensiv beleuchtet.
Zusätzlich stimmten die Delegierten einem weiteren, elften Punkt zu, der in den Katalog aufgenommen wurde: Auf dem MVZ bzw. dem Praxisschild müsse zwingend veröffentlicht werden, wem das MVZ gehöre.