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ImpfungenAktuelle STIKO-Empfehlungen bei Kinderwunsch und Schwangerschaft

Schon vor einer Schwangerschaft, währenddessen und auch in der Stillzeit können Impfungen die Schwangere und ihr Kind vor infektionsbedingten Komplikationen bewahren.

Einige impfpräventable Infektionen während der Schwangerschaft sind mit höheren Risiken für das Ungeborene verbunden.

Louis Pasteur (1822 – 1895) soll geäußert haben, dass Mikroben das letzte Wort haben werden. Infektionskrankheiten waren in unserer Wahrnehmung aber lange Zeit nicht mehr so präsent. Das unsanfte Aufkommen der Menschheit auf dem Boden der Tatsachen, ausgelöst durch das Coronavirus SARS-CoV-2 und seine Mutanten, lässt den Satz Pasteurs aktueller denn je erscheinen.

Und es zeigt, wie schnell die Zukunft eine völlig andere ist, als wir ursprünglich geplant hatten. Das haben nicht zuletzt auch junge Familien in diesen Pandemiezeiten schmerzlich erfahren. Gesundheit ist aber ein stückweit planbar, auch Schutzimpfungen können dazu wesentlich beitragen.

Empfehlungen für die Gesundheit der Frau

Erstmals sind die aktualisierten STIKO-Empfehlungen Ende Januar 2022, also zum Jahresbeginn erschienen [1]. Darin hat das Expertengremium sich explizit dem Thema “Impfungen zum Schutz der reproduktiven Gesundheit, bei Kinderwunsch und während Schwangerschaft und Stillzeit” gewidmet.

Denn bestimmte impfpräventable Infektionen vor und während der Schwangerschaft sowie in der Postpartalzeit seien mit erhöhten Risiken für die Gesundheit der Frau, den Schwangerschaftsverlauf und die Gesundheit des un- bzw. neugeborenen Kindes verbunden, so die STIKO.

Diese Prävention beginnt mit dem Schutz vor impfpräventablen, sexuell übertragbaren Krankheiten. Gegen Hepatitis B und Humane Papillomviren (HPV) wird gemäß Standardimpfkalender im Säuglingsalter bzw. im Kindes-/Jugendlichenalter geimpft [1].

Das heißt, diese Erkrankungen werden bei zukünftigen Eltern immer weniger eine Rolle spielen – vorausgesetzt, die Impfbereitschaft ist ausreichend hoch und die Impfungen erfolgen auch wie empfohlen früh, sodass eine Chronifizierung der Hepatitis B mit den entsprechenden Folgen oder HPV-induzierte Tumore seltener gesehen werden.

Impfungen bei Kinderwunsch

Spätestens der Kinderwunsch sollte Anlass geben, den Impfausweis zu checken. Sind die Standardimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Poliomyelitis aktuell bzw. vollständig?

Die STIKO bietet in ihren Empfehlungen [1] gute Übersichtstabellen (siehe Tabelle unten) für das Vorgehen bei unvollständig Geimpften, gerade wenn eine Erstimmunisierung notwendig ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn Impfunterlagen aus Kindertagen nicht auffindbar sind und diejenige Person als ungeimpft gilt.

Durch die Immunität der Mutter gegen die drei oben genannten Infektionen ist auch das Kind in seinen ersten Lebenswochen durch maternale Antikörper passiv geschützt. Der Nestschutz lässt langsam nach, wenn für das Baby die ersten “eigenen” aktiven Impfungen – in der Regel mit Sechsfachimpfstoffen (DTaP-IPV-Hib-HepB) im Alter von acht Lebenswochen anstehen. Die Impfung der Mutter gegen Pertussis wird zu Beginn des dritten Trimenons empfohlen.

Höchste Priorität hat bei Frauen im gebärfähigen Alter die Immunität gegen Röteln und Varizellen (VZV): Beide Viren können das Ungeborene massiv schädigen und zum embryofetalen Röteln- bzw. fetalen Varizellen-Syndrom führen.

Eine Varizelleninfektion um den Geburtstermin herum (fünf Tage vor und zwei Tage nach Entbindung) kann überdies in der Folge der intrauterinen Infektion zu einem schweren Verlauf beim Neugeborenen führen, die Sterblichkeit der neonatalen Varizellen liegt bei ca. 30 Prozent [2]. Weniger bekannt dürften die Auswirkungen einer Maserninfektion in der Schwangerschaft sein, auf die die STIKO in ihren Empfehlungen hinweist [1]. Infiziert sich eine Schwangere, besteht ein erhöhtes Risiko für eine Pneumonie. Auch kann die Infektion zu vorzeitigen Wehen, Frühgeburten oder einem Spontanabort führen.

Ungeimpften Frauen oder bei unklarem Impfstatus ist die zweimalige Impfung gegen Röteln mit Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff-(MMR) angeraten. Desgleichen sollte bei Kinderwunsch vorab eine Varizellenserologie durchgeführt und bei nicht bestehender Immunität zweimal geimpft werden. Dazu stehen VZV-Einzelimpfstoffe oder auch die Kombination Masern-Mumps-Röteln-Varizellen (MMRV) zur Verfügung.

Wichtig ist bei der Gabe dieser Viruslebendimpfstoffe der einzuhaltende Mindestabstand von vier Wochen zwischen der ersten und zweiten Dosis; dies gilt auch bei nicht zeitgleicher Gabe von MMR und VZV. Dies und der empfohlene Abstand zur Konzeption, der einen Monat beträgt, sollte bei der Planung berücksichtigt werden.

Obgleich eine transplazentare Infektion durch das Röteln-Impfvirus in der Literatur beschrieben ist, bleibt die Infektion ohne klinische Relevanz für das Neugeborene. Es gibt keinerlei Hinweise, dass es zu einer kongenitalen Rötelnembryopathie kommt [3]. Würde also versehentlich in der Frühschwangerschaft geimpft, besteht keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch [1]. Dasselbe gilt für die Windpockenimpfung.

Die STIKO empfiehlt außerdem nicht immunisierten Frauen im gebärfähigen Alter die Impfung gegen Covid-19, sodass der Schutz auch direkt zu Beginn einer Schwangerschaft besteht. Denn in der Schwangerschaft kann eine SARS-CoV-2-Infektion zu schweren Verläufen mit Hospitalisierung und Beatmungsplicht führen.

Bei Personen unter 30 Jahren sollte Comirnaty® zur Anwendung kommen, ab 30 Jahren ist auch Spikevax® von der STIKO empfohlen. Besteht aber bereits eine Schwangerschaft, soll unabhängig vom Alter ausschließlich Comirnaty® angewendet werden [4].

Impfungen in der Schwangerschaft

Die Gabe von Lebendimpfstoffen (MMR, Varizellen) ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. Nur die Gelbfieberimpfung darf bei eindeutiger Indikation und sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung, zum Beispiel vor einer unaufschiebbaren Reise in ein Gelbfiebergebiet, gegeben werden.

“Versehentlich während eines Gelbfieberausbruchs geimpfte Schwangere hatten in einer Studie von 1993 ein leicht erhöhtes Abortrisiko vor der 28. Gestationswoche. Zwei neuere Studien konnten hingegen kein erhöhtes Risiko feststellen”, schreibt die STIKO in ihren Empfehlungen zur Reiseimpfung [5].

Inaktivierte Impfstoffe (Totimpfstoffe) sind grundsätzlich nicht kontraindiziert, aber es liegen für eine Gabe in der Schwangerschaft nicht immer Daten vor. Die Impfindikation sollte immer streng gestellt, nur notwendige Impfungen verabreicht und als Zeitpunkt das 2. und 3. Trimenon bevorzugt werden.

Hingegen sind die Influenza- und die Pertussis-Impfung explizit zur Anwendung in der Schwangerschaft empfohlen – in erster Linie zum Schutz der Mutter bei Influenza bzw. zum passiven Schutz des Neugeborenen, was bei Keuchhusten das primäre Ziel ist. Obgleich die Influenza-Impfung bereits seit 2010 und die Gabe eines pertussishaltigen Kombinationsimpfstoffs (Tdap oder ggf. Tdap-IPV) seit 2020 allen Schwangeren empfohlen ist, ist die Akzeptanz gering. Und dies, obwohl es eine gute Evidenz gibt, dass diese Impfungen während der Schwangerschaft sicher sind.

Schwangere werden nicht nur häufiger aufgrund einer Influenzavirus-Infektion hospitalisiert. Sie haben zudem ein erhöhtes Risiko für eine influenzabedingte Pneumonie, eine intensivmedizinische Behandlung oder auch einen letalen Verlauf [6]. Auch das Ungeborene leidet unter der mütterlichen Infektion, das Risiko für Frühgeburt und Wachstumsverzögerungen steigt. Die Effektivität des Impfstoffes ist bei Schwangeren vergleichbar mit Nichtschwangeren. Die Impfung der Mutter bietet dem Neugeboren überdies einen Nestschutz über einige Monate.

Das Ziel der Pertussis-Impfung zu Beginn des dritten Trimenons, bei erhöhtem Risiko für eine Frühgeburt bereits am Ende des zweiten Trimenons, ist das Erreichen hoher Antikörperspiegel beim Kind, die zu einem passiven Immunschutz beim Neugeborenen führen [7]. Diesen Effekt erreicht man nicht mit einer Impfung vor der Schwangerschaft. Da die Titer vergleichsweise rasch wieder abfallen, besteht die Impfempfehlung für jede Schwangerschaft. Über dieses Impfkonzept können Keuchhusten-Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfälle bei Neugeborenen und jungen Säuglingen verhindert werden.

Schwangerschaft ist relevanter Risikofaktor für schwere Covid-19

“Schwanger sein an sich ist ein relevanter Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe”, heißt es bei der STIKO [4], Komplikationen sind bei Schwangeren häufiger als bei Nicht-Schwangeren [4, 8]. Dies gilt insbesondere bei vorliegenden Grunderkrankungen wie Adipositas, arterieller Hypertonie oder Diabetes mellitus, hier erhöht sich das Risiko für eine schwere Erkrankung weiter.

Auch kann es zu Komplikationen im Schwangerschaftsverlauf kommen: Das Risiko für eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung steigt ebenso wie die Frühgeburtenrate, das Risiko eines intrauterinen Fruchttodes ist erhöht [8].

Schwangeren ab dem zweiten Trimenon, die noch nicht über einen Impfschutz verfügen, empfiehlt die STIKO daher dringend die Covid-19-Impfung mit Comirnaty® [4]. Auch eine fällige Auffrischimpfung kann mit diesem Impfstoff gegeben werden. Andere Impfstoffe werden von der STIKO derzeit nicht zur Anwendung in der Schwangerschaft empfohlen.

Eine Ausnahme stellt die Situation dar, wenn bei einer Schwangeren (oder Stillenden) eine produktspezifische, medizinische Kontraindikation gegen mRNA-Impfstoffe besteht – hier kann im Einzelfall eine Impfung mit dem Proteinimpfstoff Nuvaxovid® erwogen werden [4].

Impfungen in der Stillzeit

Hier ist wieder alles erlaubt mit Ausnahme der Gelbfieberimpfung (Risiko einer Meningoenzephalitis durch Übertragung des Impfvirus auf das gestillte Kind). Die Mutterschaftsnachsorgeuntersuchungen, so die STIKO, böten sich besonders für die Impfprophylaxe an [1].

Wenn also beispielsweise nicht zwei Rötelnimpfungen dokumentiert sein sollten, können zwei MMR-Impfungen im empfohlenen Mindestabstand von vier Wochen in der Stillzeit erfolgen.

Die Autorin erklärt, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Literatur

  1. STIKO-Empfehlungen 2022. Epidemiologisches Bulletin 4/2022. www.stiko.de
  2. Wutzler P. Varizellen. Kap. 19 in Handbuch der Impfpraxis, 2. Auflage 2020. DGK Beratung und Vertrieb, Marburg
  3. Oberle D, Drechsel-Bäuerle U, Keller-Stanislawski, B (Paul-Ehrlich-Institut). Sicherheitsprofil von Rötelnimpfstoffen bei (versehentlicher) Impfung in der Schwangerschaft. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 1/2020. www.pei.de/bulletin-sicherheit
  4. Beschluss der STIKO zur 18. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung vom 15.02.2022. Epidemiologisches Bulletin 7/2022. www.stiko.de
  5. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu Reiseimpfungen. Epidemiologisches Bulletin 14/2021. www.stiko.de
  6. Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Änderung der Empfehlungen zur Impfung gegen Influenza. Epidemiologisches Bulletin 31/2010
  7. STIKO: Empfehlung der Pertussisimpfung in der Schwangerschaft. Epidemiologisches Bulletin 13/2020
  8. DGGG: Empfehlungen zu SARS-CoV-2/COVID-19 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Update November 2021
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