Manche Fehler wiegen schwerer als andere. Auch in der gesundheitlichen Versorgung treten Fehler in einer großen Spannweite auf – von jenen, die ärgerlich sind, aber niemanden zu Schaden kommen lassen, bis hin zu Fehlern mit letalem Ausgang.
Bestimmte schwerwiegende Fehler oder Ereignisse können wir klar identifizieren und durch systemische Sicherheitsbarrieren wirksam verhindern. Zum Beispiel können wir durch klar definierte Abläufe, Checklisten, Markierungen und das Mehr-Augen-Prinzip sicherstellen, dass eine Operation nicht an der falschen Körperseite erfolgt.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) hat eine Liste mit solchen Ereignissen erstellt und im Herbst 2021 publiziert: die APS SEVer-Liste (Schwerwiegende Ereignisse, die wir sicher verhindern wollen).
Grundlage dafür waren Vorlagen mit ähnlicher Definition aus dem britischen und US-amerikanischen Gesundheitswesen. Die für das deutsche Gesundheitswesen übernommenen Ereignisse sollten erstens durch wirksame Sicherheitsbarrieren zu verhindern sein, zweitens potenziell zu schwerwiegenden Schäden führen und drittens eindeutig erkennbar sein.
SEVer in der Praxis
Viele der SEVer treten vor allem im stationären Bereich auf. Ein Teil der Ereignisse ist aber auch für die hausärztliche Praxis relevant, darunter dieser Fehlerbericht:
- Überdosierung von Methotrexat (MTX) für die nicht-onkologische Patientenversorgung (zum Beispiel tägliche statt wöchentlicher Gabe)
- Aber auch weitere Ereignisse dieser Liste können in der Hausarztpraxis auftreten, beispielsweise:
- unsachgemäßer Gebrauch eines Medizinprodukts in der Patientenversorgung aufgrund von Mängeln in Einweisung oder Instandhaltung
- dauerhafter Verlust einer nicht-wiedergewinnbaren Gewebeprobe (zum Beispiel Probenverwechslung oder –verlust einer Blutabnahme oder eines Abstrichs)
- nicht kommunizierter oder nicht nachbeobachteter interventionsrelevanter Untersuchungsbefund (s. “Der Hausarzt” 18/21)
Die vollständige Liste finden Sie unter: www.aps-ev.de/hempfehlungen/sever-liste
Was tun?
Nicht nur, aber besonders für Ereignisse, die schwerwiegende Folgen haben können, ist es sinnvoll, die eigenen Praxisabläufe nochmals zu prüfen und potenzielle Fehlerquellen zu beseitigen. Folgende Überlegungen bieten einen ersten Anhalt dafür:
- Lässt sich ein Alarm in meiner Praxisverwaltungssoftware einrichten, der auf mögliche Fehldosierung von unter anderem Methotrexat hinweist?
- Sind alle Praxisteammitglieder in alle (notwendigen) Medizinprodukte eingewiesen? Ist das entsprechend dokumentiert?
- Fühlen sich alle Teammitglieder sicher im Umgang mit den eingewiesenen Medizinprodukten oder sollten wir eine Fortbildung zur Auffrischung planen?
- Werden Laboretiketten direkt auf die Probenröhrchen geklebt oder kommt es vor, dass unbeschriftete Probenröhren befüllt werden?
- Gibt es nach Überweisung zu anderen Fachärztinnen oder Fachärzten einen Termin zur Besprechung der erhobenen Befunde?