“Die Lage ist leider dramatisch”, schreibt Roman Moroz von der Ukrainischen Gemeinde in München in einer knappen WhatsApp. “Wir hängen alle ununterbrochen am Telefon.” Hilfe organisieren für die Menschen im Krieg in der Ukraine – auch vom Deutschen Hausärzteverband und seinen Landesverbänden – darum geht es in diesen Tagen überall in Deutschland.
Nicht nur die großen Hilfsorganisationen wie UNICEF, das Internationale und Deutsche Rote Kreuz, Ärzte ohne Grenzen und Ärzte der Welt versuchen den Menschen in der Ukraine zu helfen, und das nicht erst seit Ausweitung des Kriegs auf das gesamte Land.
Die Organisationen hatten schon seit Beginn des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine in 2014 umfassende Hilfsstrukturen vor Ort aufgebaut. Mittlerweile sind auch zahlreiche private Initiativen unterwegs, um den Menschen in der Ukraine mit Sach- und Geldspenden zu helfen. Die Münchner Gemeinde wird unter anderem von einer privaten Initiative aus dem Landkreis Dachau unterstützt (siehe Interview unten).
Ausmaß des medizinischen Bedarfs schwer zu beurteilen
Die Hilfsaktionen sind unterschiedlich ausgelegt. Manche Hausärzte organisieren Spenden oder arbeiten großen Initiativen zu, andere haben sich selbst ins Auto gesetzt, um Hilfsgüter an die ukrainische Grenze zu bringen.
Auf Youtube berichtet zum Beispiel Hausarzt Dr. Jan Anastassis Skuras aus dem sächsischen Niederwiesa von seinem Hilfsgüter-Transport. Der gebürtige Pole hatte wenige Tage nach Kriegsbeginn Verbrauchsmaterialien und Hilfsmittel für das Herzzentrum Kiew gesammelt, auf einen LKW gepackt und eigenhändig an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren. Dort holte ein Ärzteteam des Herzzentrums die Hilfsgüter ab.
Das Ausmaß des medizinischen Bedarfs in der Ukraine ist laut Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen angesichts der anhaltenden Kämpfe schwierig zu beurteilen. Notfallteams seien an der polnisch-ukrainischen Grenze eingetroffen. Sie versuchten derzeit, wichtige Mitarbeiter und Hilfsgüter in die Ukraine zu befördern sowie Soforthilfsmaßnahmen auf beiden Seiten der Grenze einzuleiten, heißt es in einer Stellungnahme. “Wir bereiten uns auf eine Reihe von Szenarien vor, um die Hilfe auszuweiten.”
Laufende Projekte vorerst eingestellt
Wegen des Kriegs hat Ärzte ohne Grenzen alle laufenden Projekte vorerst eingestellt. Die Hilfsorganisation hatte drei Programme in der Ukraine, bei denen es in verschiedenen Regionen um HIV-Behandlung, Tuberkulose-Behandlung sowie die medizinische Gesundheitsversorgung für vom Konflikt betroffene Gemeinden in der Ostukraine, in der schon seit 2014 gekämpft wird.
Unabhängig davon bemühe man sich, “eine gewisse Kontinuität in der Versorgung unserer Patienten zu gewährleisten. Der Bedarf war bereits vor den jüngsten Ereignissen hoch, da die Menschen in der Ostukraine seit acht Jahren in einem Konflikt leben. Wir sind besorgt über die Auswirkungen, die die Kämpfe auf die Patienten haben, von denen viele älter sind und an chronischen Krankheiten leiden.”
Gesundheitssystem könnte komplett zusammenbrechen
Sollte sich der Konflikt mit Russland weiter zuspitzen, könnte das Gesundheitssystem dort komplett zusammenbrechen, warnt der Direktor der deutschen Sektion von “Ärzte der Welt”, François De Keersmaeker. Laut Ärzte der Welt ist rund die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen im Osten der Ukraine schon jetzt als Folge der bewaffneten Auseinandersetzung beschädigt oder nicht voll betriebsfähig.
Wegen des Fachkräftemangels sei das verbliebene Gesundheitspersonal stark überlastet. Eine Situation, die sich durch die Ausweitung des Kriegs auf die Gesamtukraine weiter verschärft haben dürfte. Ärzte der Welt ist seit Beginn des Konflikts im Jahr 2014 in der betroffenen Region aktiv.
Anm.d.Red.: Informationsstand 15.3.22