© phadungsakphoto - stock.adobe.com Die STIKO empfiehlt eine Impfung gegen Herpes zoster als Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren.
Die STIKO empfiehlt seit 2018 den adjuvantierten HZ-Totimpfstoff als Standardimpfung für alle ab 60 Jahren, um HZ und postherpetische Neuralgien zu verhindern. Bei Vorliegen einer Indikation (chronische Erkrankungen z. B. Immundefizienz, HIV-Infektion, Rheumatoide Arthritis, Systemischer Lupus erythematodes, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Asthma, COPD, chronische Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus), kann ab 50 Jahren geimpft werden.
Wenn ein erhöhtes Risiko für HZ besteht, ist die Impfung im Ausnahmefall laut Fachinformation bereits ab 18 Jahren möglich, dafür gibt es jedoch noch keine STIKO-Empfehlung. Durch die Impfung soll die Reaktivierung der nach der Erstinfektion latent in Neuronen der hinteren Wurzeln der Spinal- und Hirnnervenganglien verbliebenen VZV verhindert werden.
Der HZ-Totimpfstoff enthält das Adjuvans-System ASO1B, das die Effektivität der Vakzine bei älteren Personen durch Aktivierung der T-Zell-vermittelten Immunabwehr erhöht.
Die Impfserie besteht aus zwei Impfstoffdosen, die im Abstand von zwei bis maximal sechs Monaten verabreicht werden sollten. Bei stark immundefizienten oder immunsupprimierten Personen ist auch ein schnelles Impfschema möglich, hier kann die zweite Impfdosis ein bis zwei Monate nach der ersten gegeben werden.
Im Falle eines längeren Abstands, z. B. bei Lieferengpässen, soll die Impfserie fortgesetzt und nicht neu begonnen werden. Auch diejenigen, die bereits in der Vergangenheit an Herpes zoster erkrankt waren, können die Impfung erhalten, da eine Wiedererkrankung an HZ nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Wahrscheinlichkeit, ein HZ-Rezidiv zu erleiden ist etwa zwei bis sechs Prozent, abhängig davon, wieviel Zeit nach der Erkrankung vergangen ist. Der Impfstoff kann nicht zur Therapie einer bestehenden HZ eingesetzt werden; geimpft werden sollte erst, wenn die akute Erkrankung vorüber ist und die Symptome abgeklungen sind.
Doppelter Schutz: Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken
Influenza
Die Influenzawelle 2019/2020 war um einige Wochen kürzer als in den vorhergehenden Jahren und endete abrupt. Grund hierfür waren die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie, insbesondere die Schulschließungen ab der 12. Kalenderwoche 2020.
In der vergangenen Grippe-Saison (2020/2021) bewirkte die Pandemie ein Umdenken in der Bevölkerung und somit eine höhere Influenza-Impfquote: Nach einer aktuellen Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) hat sich etwa ein Fünftel der TK-Versicherten gegen Influenza impfen lassen, deutlich mehr als die Jahre zuvor.
Am stärksten ist die Impfquote bei den Älteren gewachsen: Fast jeder zweite der über 60-Jährigen war geimpft. In dieser Altersgruppe wäre jedoch eine etwa 75-prozentige Impfquote wünschenswert.
Eine jährliche Influenza-Impfung wird von der STIKO für alle ab 60 Jahre als Standardimpfung sowie als Indikationsimpfung für Menschen (≥ 6 Monate) mit chronischen Vorerkrankungen, oder mit erhöhter Gefährdung z. B. medizinisches Personal und Schwangeren empfohlen (Abb. 1).
Es soll ein quadrivalenter Impfstoff verwendet werden mit aktueller, von der WHO empfohlener Antigenkombination. Quadrivalente Impfstoffe enthalten zwei Influenza-A-Komponenten, A(H3N2) und A(H1N1), sowie beide Influenza-B-Linien: Yamagata und Victoria.
Der ideale Zeitpunkt für die Influenza-Impfung liegt in den Monaten Oktober bis Mitte Dezember, jedoch sind Impfungen laut Robert Koch-Institut auch später noch möglich und sinnvoll.
Für Ältere stehen zwei angepasste Influenza-Impfstoffe zur Verfügung. Ein adjuvantierter Impfstoff ist ab 65 Jahre zugelassen und enthält ein Squalen-haltiges Adjuvans (MF59C.1), was die Antigenaufnahme in antigenpräsentierende Zellen und den Antigentransport zu den benachbarten Lymphknoten fördert.
Von der STIKO empfohlen wird ab der Influenza-Saison 2021/2022 der sogenannte Hochdosis-Impfstoff für alle ab 60 Jahre aufgrund einer gewissen Überlegenheit der Impfeffektivität bei älteren Menschen. Diese Vakzine enthält die vierfache Antigenmenge im Vergleich zu den herkömmlichen Influenza-Impfstoffen. In der Fachinformation wird auf die erhöhte Reaktogenität des Hochdosis-Impfstoffs hingewiesen.
© Dr. Katalin Hadfi Abb. 1: Indikationen für Influenza- und Pneumokokken-Impfung (nach STIKO 2022)
Pneumokokken
Erfreulicherweise, auch in Hinblick auf bestehende Antibiotikaresistenzen, hat die SARS-CoV-2-Pandemie viele bislang Ungeimpfte aus den Risikogruppen dazu bewogen, sich gegen Pneumokokken immunisieren zu lassen.
Pneumokokken können, ähnlich wie Influenza, zu schwerwiegenden Verläufen bei Risikopatienten und älteren Menschen führen. Die Co-Infektion mit Streptococcus pneumoniae ist eine gefürchtete Komplikation bei Influenza und COVID-19.
Pneumokokken besiedeln den Nasenrachenraum des Menschen, meist ohne dabei Symptome zu verursachen. Etwa 20 bis 40 Prozent der Kinder und fünf bis zehn Prozent der Erwachsenen sind “chronische Keimträger”, die andere infizieren können, aber selbst nicht erkranken.
Streptococcus pneumoniae ist der häufigste Erreger von akuter Otitis media bei Kindern und Erwachsenen und ambulant erworbenen Pneumonien bei Erwachsenen. Besonders schwerwiegend sind invasive Pneumokokken-Erkrankungen (invasive pneumococcal disease, IPD), diese manifestieren sich meist als Bakteriämie bzw. Menin-gitis. In Deutschland sterben dadurch geschätzt jedes Jahr mehr als 5.000 Menschen.
Als Standardimpfung empfiehlt die STIKO für alle ab 60 Jahre eine einmalige Impfung mit einem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23). Dieser Impfstoff ist ab einem Alter von zwei Jahren zugelassen.
Wegen der breiteren Serotypen-Abdeckung sollte PPSV23 nicht durch die Konjugat-Vakzine PCV13 (zugelassen ab sechs Lebenswochen) ersetzt werden. Über eine eventuelle Widerholungsimpfung bei Menschen ohne Vorerkrankungen soll individuell entschieden werden.
Menschen mit chronischen Krankheiten (ab 16 Jahre) und mit beruflicher Indikation (Exposition gegenüber Metall- und Schweißrauchen) sollten wegen der begrenzten Schutzdauer alle sechs Jahre mit PPSV23 geimpft werden.
Immundefiziente sowie Menschen mit anatomischen und fremdkörperassoziierten Risikofaktoren erhalten eine sequenzielle Impfung mit dem 13-valentem Konjugatimpfstoff (PCV13) gefolgt von PPSV23 in einem Abstand von sechs bis zwölf Monaten (Abb. 1 und 2).
Auch diese Personen sollten alle sechs Jahre mit PPSV23 wiedergeimpft werden. Bei der Impfaufklärung sollte auf die stärkere Reaktogenität der Wiederholungsimpfungen im Vergleich zur Erstimpfung hingewiesen werden.
Die Indikationen für die Pneumokokken- und Influenza-Impfung überlappen sich, und wenn erforderlich, können die beiden Impfungen zeitgleich gegeben werden (Abb. 1). Studien zeigen einen additiven Schutzeffekt der doppelten Impfung bei IPD und Pneumokokken-Pneumonien, eine positive Wirkung auf Herzerkrankungen sowie Reduzierung der Hospitalisierungsrate und Mortalität.
Eine aktuelle Studie zeigt außerdem, dass Populationen mit höheren Influenza- und Pneumokokken-Impfraten niedrigere COVID-19-Fallzahlen aufweisen, die Ursachen für diesen Zusammenhang sind jedoch noch nicht aufgeklärt.
© Dr. Katalin Hadfi Abb. 2: Sequenzielle Pneumokokken-Indikationsimpfung ab 2 Jahren (nach STIKO 2022)
Literatur
J. Nikolich-Žugich: The twilight of immunity: emerging concepts in aging oft he immune system. Nature Immunology Vol 19, January 2018, 10-19. https://doi.org/10.1038/s41590-017-0006-x .
B. Weinberger: Vaccination of older adults: Influenza, pneumococcal disease, herpes zoster, COVID-19 and beyond. Immunity & Ageing (2021) 18:38. https://doi.org/10.1186/s12979-021-00249-6 .
Ralf Wagner, Eberhard Hildt: Zusammensetzung und Wirkmechanismen von Adjuvanzien in zugelassenen viralen Impfstoffen. Bundesgesundheitsblatt 2019, 62:462–471. https://doi.org/10.1007/s00103-019-02921-1 .
Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse 27.09.2021: Höhere Impfquote in Pandemie: Fast jeder Zweite ab 60 ließ sich gegen Grippe impfen unter https://www.tk.de/presse/themen/arzneimittel/hoehere-impfquote-bei-grippeimpfung-2114826.
Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2020; Influenza unter Link
Mitteilung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI):Wissenschaftliche Begründung für die Aktualisierung der Pneumokokken-Impfempfehlung für Senioren. Epid. Bull. 36/2016, DOI 10.17886/EpiBull-2016-053 .
European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC): Pneumococcal disease unter https://www.ecdc.europa.eu/en/pneumococcal-disease/facts
Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2022; Epid. Bull. 4/2022: 1–66 unter www.stiko.de.
Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber zu den genannten Erregern unter LINK
Robert Koch-Institut: Impfungen A – Z; Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) unter Link
R. Root-Bernstein: Pneumococcal and influenza vaccination rates and pneumococcal invasive disease rates set geographical and ethnic population susceptibility to serious COVID-19 cases and deaths. Vaccines 2021, 9, 474. https://doi.org/10.3390/vaccines9050474 .
Aktuelle Fachinformationen der genannten Impfstoffe, Stand: Dez. 2021.
Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.