Hamburg. 2,8 Prozent der Kinder in Deutschland haben bis zu ihrem zweiten Geburtstag keine der empfohlenen Standardimpfungen erhalten. Das geht aus Versicherungsdaten für das erste Halbjahr 2019 hervor, die die Techniker Krankenkasse (TK) erhoben hat. Damit setzt sich der Rückgang der vergangenen Jahre fort: 2018 lag der Anteil der ungeimpften Kinder noch bei 3,2 Prozent.
Bemerkbar gemacht haben könnte sich die seit März 2020 bestehende Masern-Impflicht beziehungsweise die Diskussion um jene Impfpflicht. Von den 2016 geborenen Kindern hatten 7,3 Prozent bis zu ihrem zweiten Geburtstag keine der beiden für die Grundimmunisierung nötigen Impfungen erhalten, von den 2018 geborenen 5,8 Prozent, von den im ersten Halbjahr 2019 geborenen 4,7 Prozent. Da die Masernimpfung in der Regel als Kombinationsimpfung gegeben wird, haben sich die Quoten bei Mumps und Röteln ähnlich entwickelt.
Corona-Pandemie hat sich nicht negativ ausgewirkt
Dennoch sind die Impfquoten in Deutschland immer noch unzureichend: Lediglich 48,4 Prozent der 2018 geborenen Kinder haben dem Verordnungsreport “Kinder und Arzneimittel” zufolge bis zu ihrem zweiten Geburtstag alle empfohlenen Impfungen erhalten. 48,3 Prozent der Kinder waren teilweise immunisiert. Das spricht zwar dafür, dass fehlende Impfungen nachgeholt werden. Dennoch ist das zeitgerechte Impfen bei Kindern für einen ausreichenden Impfschutz wichtig.
Die Corona-Pandemie hat sich dabei offenbar nicht negativ auf die Impfquote ausgewirkt, eher im Gegenteil: Im ersten Halbjahr 2019 stieg die Durchimpfungsquote auf 51,9 Prozent.
Mehr Kinder erhalten Psychopharmaka
Kritisch zu beobachten ist allerdings ein weiteres Ergebnis der Datenerhebung: Immer mehr Schulkindern und Jugendlichen werden Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen verschrieben. Bei den 6- bis 11-Jährigen stieg der Anteil leicht von 2,3 Prozent im Jahr 2017 auf 2,6 Prozent im Jahr 2020, und auch bei den 12- bis 17-Jährigen nahmen die Verschreibungen im gleichen Zeitraum von 3,5 Prozent auf 4,3 Prozent zu.
Dabei handelt es sich vor allem um Medikamente zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS). Bei den 6- bis 11-Jährigen entfallen ganze 83 Prozent der Psychopharmakaverordnungen auf ADHS-Medikamente, bei den 12- bis 17-Jährigen sind es 70 Prozent. Grundsätzlich sind den Daten zufolge Jungen in beiden Altersgruppen von ADHS deutlich häufiger betroffen als Mädchen. Allerdings wird ADHS bei Mädchen oft nicht erkannt, da sie andere Symptome haben als Jungen.
“Es geht nicht darum, Medikamente zu verteufeln!”
„Dass die Verordnungen im Bereich der Psychopharmaka ansteigen, ist eine Entwicklung, die uns alle aufmerksam machen sollte“, wird Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, in einer Mitteilung anlässlich der Veröffentlichung des Reports zitiert.
Es gehe aber nicht darum, Medikamente zu verteufeln. Wichtig seien ein sorgsamer Einsatz und eine umfassende Behandlung, in enger Verbindung mit pädagogischen, sozialen und psychotherapeutischen Maßnahmen.
Den vollständigen Bericht finden Sie auf https://hausarzt.link/2N8uo