München. Am 21. Februar sollen die ersten Dosen der Novavax-Vakzine in Deutschland verfügbar sein. Bedingt zugelassen ist sie in der EU seit Dezember 2021 für Personen ab 18 Jahren, seit Kurzem empfiehlt auch die STIKO den Impfstoff zur Grundimmunisierung bei Personen ab 18 Jahren.
Der neue Impfstoff wird nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums vorerst ausschließlich an die Länder verteilt. Dadurch soll es möglich sein, den Impfstoff in erster Linie Pflegekräften und medizinischem Personal anzubieten. Eine Verteilung in die Arztpraxen ist trotz Kritik aus der Ärzteschaft derzeit nicht geplant.
Dazu meint Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes: “Für die Praxen braucht es pragmatische, regionale Lösungen. Wenn eine Praxis den Novavax-Impfstoff benötigt, beispielsweise um Praxismitarbeitende zu impfen, dann muss sichergestellt sein, dass sie diesen auch kurzfristig von den Impfzentren zur Verfügung gestellt bekommt.”
Die Nachfrage nach der Vakzine übersteigt die Zahl der (zunächst) verfügbaren Dosen deutlich. Nicht wenige warten auf den Totimpfstoff, wobei es sich bei dem Novavax-Impfstoff nicht im klassischen Sinne um einen Totimpfstoff handelt, da er keine inaktivierten vollständigen Viren enthält. Im erweiterten Sinne wird die Novavax-Vakzine aber zu den Totimpfstoffen gezählt – wie alle anderen in Deutschland verfügbaren Vakzinen inklusive der mRNA-Impfstoffe auch.
Wie ist der Impfstoff aufgebaut?
Bei der Vakzine Nuvaxovid (NVX-CoV2373) vom Impfstoffhersteller Novavax handelt es sich um einen proteinbasierten Impfstoff. Er enthält ein labortechnisch hergestelltes, rekombinantes Spike-Protein von SARS-CoV-2 in voller Länge, das in Nanopartikel verpackt ist.
Um die Immunantwort zu verstärken, enthält die Vakzine zudem ein spezielles, von Novavax entwickeltes Adjuvans („Saponin-basiertes Adjuvans Matrix-M“). Denn die mRNA-Impfstoffe beispielsweise aktivieren das Immunsystem der geimpften Person stärker: Zum einen weil mRNA per se schon eine starke immunmodulierende Wirkung hat, zum anderen weil bei einer mRNA-Impfung das Spike-Protein in den Zellen selbst hergestellt wird und die Immunantwort daher breiter ausfällt.
Wie wird die Vakzine gelagert, wie verimpft?
Erhältlich ist die gebrauchsfähige Vakzine in Mehrdosen-Durchstechflaschen (je zehn Dosen). Jede angebrochene Durchstechflasche sollte innerhalb von sechs Stunden verbraucht werden, aufbewahrt werden kann sie währenddessen bei 2-25°C. Nicht angebrochene Durchstechflaschen können neun Monate vor Licht geschützt bei 2-8°C gelagert werden.
Verabreicht wird der Novavax-Impfstoff i.m. in zwei Dosen zu je 0,5 ml im Abstand von drei Wochen. Nach der Impfung wird eine Beobachtung für mindestens 15 Minuten empfohlen.
Wer kann geimpft werden?
Bedingt zugelassen ist der Impfstoff für Personen ab 18 Jahren, für über 65-Jährige ist keine Dosisanpassung vonnöten. Bisher liegen nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Nuvaxovid bei Schwangeren vor. Die STIKO empfiehlt die Anwendung von Nuvaxovid während der Schwangerschaft und Stillzeit daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Laut STIKO kann Nuvaxovid auch bei Personen verimpft werden, die bisher eine Impfstoffdosis der Johnson & Johnson-Vakzine erhalten haben – allerdings unter bestimmten Voraussetzungen. Genauer: “Bei Vorliegen einer Kontraindikation gegen mRNA-Impfstoffe oder bei individuellem Wunsch ist es nach ärztlicher Aufklärung grundsätzlich möglich, für die Optimierung der Grundimmunisierung (2.Impfstoffdosis) oder für die 1.Auffrischimpfung (3.Impfstoffdosis) auch Nuvaxovid zu verwenden”, heißt es in den STIKO-Empfehlungen.
Die Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität des Impfstoffs wurde lediglich bei einer begrenzten Zahl von Personen mit Immunschwäche untersucht. Die Wirksamkeit von Nuvaxovid kann bei immunsupprimierten Personen geringer sein, laut EMA gibt es aber keine spezifischen Sicherheitsbedenken. Die STIKO hat sich speziell zur Impfempfehlung bei Immunschwachen noch nicht geäußert.
Kann mit Novavax geboostert werden?
Bisher ist die Vakzine nur für die Grundimmunisierung zugelassen. In einer im Dezember 2021 veröffentlichten Studie, in der die Booster-Wirkung verschiedener Covid-Impfstoffe verglichen wurde, schnitt der Booster mit Novavax schlechter ab als der Booster mit einer mRNA-Vakzine, aber besser als ein Booster mit einem vektorbasierten Impfstoff (Lancet 2021; 398(10318):2258-2276).
Die STIKO meldet diesbezüglich: “Obwohl Nuvaxovid bisher nicht zur Auffrischungsimpfung zugelassen ist, kann Nuvaxovid bei produktspezifischen medizinischen Kontraindikationen gegen mRNA-Impfstoffe zur Auffrischimpfung verwendet werden.”
Wie effektiv ist der Novavax-Impfstoff?
Geprüft wurde die Effektivität der Vakzine in den klinischen Studien an rund 45.000 Menschen. In einer in den USA und Mexiko durchgeführten Studie betrug die Schutzwirkung vor symptomatischer Covid-Erkrankung 90,4 Prozent, in einer zweiten im Vereinigten Königreich durchgeführten Studie lag die Schutzwirkung vor symptomatischer Covid-Erkrankung bei 89,7 Prozent.
Allerdings waren in den Studien Infektionen mit dem ursprünglichen Virus sowie der Alpha- und Beta-Variante vorherrschend. Wie gut die Vakzine vor einer Omikron-Infektion schützt, ist unklar.
Die Nebenwirkungen der Impfung waren in den Studien meist mild oder moderat und verschwanden innerhalb weniger Tage. Sie traten bei Jüngeren häufiger auf sowie nach der zweiten Impfdosis. Die STIKO berichtet, im Allgemeinen seien die Nebenwirkungen ähnlich stark wie nach Impfung mit den anderen Covid-19-Impfstoffen.
Angaben des Herstellers zufolge wurde die Novavax-Vakzine zudem bereits erfolgreich bei Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren geprüft. Die Wirksamkeit liege Ergebnissen einer Phase-3-Studie zufolge bei 82 Prozent.
Wie der Hersteller weiter berichtet, nahmen an der Studie rund 2200 Jugendliche aus den USA teil. Die Studie fand allerdings auch hier in einem Zeitraum statt, in dem die Delta-Variante des Virus vorherrschend war. Die Impfung sei generell gut vertragen worden. Innerhalb der kommenden Wochen plant Novavax, die Zulassung für diese Altersgruppe zu beantragen.
Unklar ist, wie lange der Impfschutz nach der Grundimmunisierung anhält. Derzeit würden die in den klinischen Studien geimpften Personen diesbezüglich nachbeobachtet, teilt die EMA mit. Auch ob Geimpfte SARS-CoV-2 übertragen können, müssen Untersuchungen noch zeigen.
Fazit für die Praxis
Die derzeit verfügbaren und millionenfach verimpften Vakzinen sind deutlich besser untersucht, zu Novavax fehlen noch viele Daten. Dennoch hat der Impfstoff in den zulassungsrelevanten Studien eine gute Schutzwirkung gezeigt, wenn auch noch nicht abschließend untersucht ist, wie gut er speziell vor der Omikron-Variante schützt.
Für Ungeimpfte, die sich mit keiner anderen Vakzine impfen lassen wollen, ist der Novavax-Impfstoff eine gute Option – und besser, als sich nicht impfen zu lassen.
Quellen: Bericht der EMA zu Novavax, Fachinformation, STIKO-Empfehlung