Berlin. Weil die Omikron-Variante die Corona-Ansteckungszahlen in die Höhe treibt und die Labore mit der Auswertung von PCR-Tests an ihre Grenzen stoßen, sollen die Testvorgaben geändert werden. Bund und Länder vereinbarten am Montag (24.1.), dass das Bundesgesundheitsministerium in Abstimmung mit den Ländern die entsprechenden Verordnungen und Bestimmungen anpassen soll.
Es dürfte darauf hinauslaufen, dass künftig bestimmte Gruppen, bei denen die Abklärung des Infektionsstatus besonders wichtig ist, bevorzugt die genauen Tests bekommen (s.u.). Wie diese sogenannte Priorisierung konkret ausgestaltet wird, bleibt zunächst aber weitestgehend unklar.
Das Gesundheitsministerium kündigte an, dass die Ausgestaltung zeitnah vorliegen soll. Zudem habe Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) zugesagt, an der Ausweitung der Testkapazitäten zu arbeiten.
Neue Quarantänevorgabe für Klinikpersonal
Zudem soll für Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe künftig auch gelten, dass sie ihre Isolation nach einer Corona-Erkrankung nach sieben Tagen per zertifiziertem Antigen-Test und bei 48 Stunden ohne Symptome beenden können. Ohne Test sind sie nach zehn Tagen “frei”.
Für die Quarantäne von Kontaktpersonen ist ebenfalls eine Freitestung durch negativen Antigentest nach sieben Tagen möglich, heißt es im Beschluss. Diejenigen, die einen vollständigen Impfschutz durch die Auffrischungsimpfung vorweisen („3 von 3“), seien von der Quarantäne als Kontaktpersonen ausgenommen. Dies gelte auch für vergleichbare Gruppen (frisch Geimpfte und Genesene etc.).
Verband: Bürokratielast muss sinken
Der Deutsche Hausärzteverband hatte sich für die Praxisteams mehr von der Bund-Länder-Runde erhofft. Er beklagt, dass die Ministerpräsidenten wieder einmal verkannt haben, dass die bürokratische Last in den Praxen aktuell sehr hoch ist und durch die Fallzahlen weiter zunehme. “Die Politik muss erklären, was sie tun will, um der extremen Belastung entgegenzuwirken”, forderte Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt.
Die Bürokratie müsse auf “ein notwendiges Minimum” gesenkt werden. “Dass es inzwischen allein über 30 unterschiedliche Ziffern gibt, mit denen Impfungen dokumentiert und abgerechnet werden müssen, ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt, dass der bürokratische Aufwand in der Corona-Pandemie sogar noch zugenommen hat”, erklärte Weigeldt.
Die komplizierten und sich kurzfristig ändernden Regeln verunsicherten die Bevölkerung. Das führe zu vielen Nachfragen in den Praxen und koste Zeit, die momentan schlichtweg nicht da sei. “Statt im Wochenrhythmus neue Regelungen zu verkünden, braucht es endlich einheitliche und einfach nachvollziehbare Vorgaben, auf die sich die Menschen verlassen können“, macht der Hausärztechef deutlich.
Wer kann aktuell einen PCR-Test machen?
Wer einen positiven Selbsttest hat oder an einer Teststelle ein positives Schnelltestergebnis bekommt, hat laut momentan gültiger bundesweiter Corona-Test-Verordnung Anspruch auf einen PCR-Test. Das gilt laut Bundesregierung auch, wenn die Corona-Warn-App auf Rot steht.
Betroffene können sich in so einem Fall zum Beispiel an ihren Hausarzt wenden, der dann entweder einen Test selbst macht oder an ein Testzentrum überweist. Auch das Gesundheitsamt kann, wenn es über einen positiven Schnelltest informiert wurde, einen kostenlosen PCR-Test anordnen.
Ist ein PCR-Test Pflicht?
In jedem Fall bei einer Anordnung durch das Gesundheitsamt. Positive Schnelltests etwa aus Testcentern sind laut Bundesgesundheitsministerium meldepflichtig. Bekommt das Amt also die entsprechende Information, kann es zur PCR-Nachtestung auffordern. Grundsätzlich schreibt das Gesundheitsministerium auf seiner Webseite, dass bei positivem Schnelltest – auch Selbsttest – ein PCR-Test zur Bestätigung gemacht werden “sollte”.
Ob das “sollte” generell eine Pflicht bedeutet, hängt auch von den Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes ab. Zum Teil wird in den Ländern eine Nachtestung per PCR-Test vorgeschrieben, zum Teil reicht bei positivem Selbsttest auch eine Nachtestung per Antigen-Schnelltest in einer Teststelle.
Was ist geplant?
PCR-Tests sollen vorrangig für sogenannte vulnerable Gruppen zur Verfügung stehen und für Beschäftigte, die diese betreuen und behandeln. Das hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern bereits vereinbart, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten haben dies nun in ihrem Beschluss “zur Kenntnis” genommen.
Konkret genannt werden ältere Menschen oder andere Risikogruppen, Beschäftigte in Kliniken, Praxen, Pflegeheimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Die Fragen zur praktischen Umsetzung sind hier aber noch offen, etwa, ab wann das gelten soll, wer genau den PCR-Test-Anspruch haben wird, wie das konkret nachgewiesen werden soll und was mit denjenigen ist, die zum Beispiel einen positiven Schnelltest und/oder Symptome haben.
Bund und Länder müsse dafür zunächst die Corona-Test-Verordnung und die konkreten Bestimmungen zu Tests in den Ländern ändern. Im Zuge dessen wird es mehr Klarheit geben. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums kündigte am Montag “zeitnahe” Informationen an.
In welche Richtung könnte es gehen?
Die Gesundheitsminister der Länder hatten sich dafür ausgesprochen, dass bei positivem Schnelltest und gleichzeitiger Symptomlosigkeit künftig auf einen PCR-Test verzichtet werden könne. Dafür müsste aber beispielsweise Paragraf 4b der Corona-Test-Verordnung geändert werden, die momentan noch einen Anspruch auf PCR-Nachtestung bei positiven Schnelltests – auch Selbsttests – gewährt.
Auch wenn die Corona-Warn-App eine rote Kachel zeigt, soll nach Ansicht der Gesundheitsminister der Länder nach ein “qualitativ hochwertiger” Antigentest ausreichen. Daneben stellen sich aber noch weitere Fragen, etwa ob eine PCR-Test-Beschränkung auch privat bezahlte Tests betreffen würde, die beispielsweise für Auslandsreisen notwendig sind, oder welche Auswirkungen eine Beschränkung beim Thema Genesenenstatus hätte, denn als offiziell genesen gilt nur, wer mit einem positiven PCR-Test nachweisen kann, dass er schon eine Corona-Infektion hatte.
“Ich gehe derzeit davon aus, dass die privaten Testzentren auch in Zukunft grundsätzlich PCR-Tests für Selbstzahler anbieten werden”, sagte der Vorsitzende des Laborverbands ALM, Michael Müller den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wer nicht zur priorisierten Gruppe gehöre, müsse sich aber darauf einstellen, auf Testergebnisse möglicherweise länger warten zu müssen.
Neue Kampagne fürs Impfen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte eine neu aufgelegte Werbekampagne fürs Impfen mit dem Motto “Impfen hilft” an. Sie solle dazu beitragen, jetzt wieder zu erheblich mehr Erstimpfungen und Auffrischungsimpfungen zu kommen, nachdem das Tempo zuletzt nachgelassen habe. Radiospots und Internet-Werbung sollen auch Menschen ansprechen, die bisher nicht erreicht wurden.
Scholz räumte ein, dass das erklärte Ziel von weiteren 30 Millionen Impfungen von Weihnachten bis Ende Januar nicht mehr zu schaffen ist. “Man muss realistisch sein, das werden wir nicht mehr zielgerecht erreichen an dem Tag, wo ich mir das wünschen würde.” Diese Zahl insgesamt zu erreichen, sei aber durchaus möglich.
Zudem sollen die Länder künftig die Impfquote unter Beschäftigen und Bewohnern von Alten- und Pflegeeinrichtungen erheben.
Weitere Maßnahmen zur Infektionskontrolle denkbar
Im Beschluss heißt es, bei einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems würden Bund und Länder “weitergehende Maßnahmen zur Infektionskontrolle” vereinbaren. Zugleich wollen sie demnach aber auch “Öffnungsperspektiven”, für den Moment entwickeln, zu dem eine Überlastung ausgeschlossen werden könne.
Die nächste Bund-Länder-Runde ist für 16. Februar geplant.
Quelle: dpa