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KoalitionsvertragGroße Pläne – unter Finanzierungsvorbehalt

Liest man den Koalitionsvertrag der neuen Regierung, fällt auf, dass sich ein Großteil der Pläne der Bereiche Gesundheit und Medizin der Pflege widmen. Auch Hausärztinnen und Hausärzte bleiben nicht unerwähnt. Ungeklärt jedoch bei allem: die Finanzierung.

Für die nächste Legislaturperiode hat sich die Koalition in ihrem Vertrag einiges in Sachen Gesundheit vorgenommen, auch wenn die Finanzierung noch unklar ist. Mit Karl Lauterbach (SPD) steht künftig ein erfahrener Gesundheitspolitiker mit profunden Systemkenntnissen an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums.

Der im Dezember veröffentlichte Koalitionsvertrag thematisiert auf immerhin sechs von 177 Seiten den Bereich Gesundheit und Medizin; ein Großteil der Pläne widmet sich dabei der Pflege. Hier besteht laut Meinung vieler Experten erheblicher Reformbedarf.

Aber letztlich stehen diese Vorhaben wie alle aus diesem Bereich unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Angesichts der engen Finanzlage bei den Krankenkassen, die alle Schätzungen derzeit erwarten lassen, kann dies eine echte Hürde werden und vermutlich das ein oder andere Projekt nicht nur verzögern.

Ende der hausärztlichen Budgetierung?

Für Hausärztinnen und Hausärzte findet sich im Koalitionsvertrag dennoch die ein oder andere bemerkenswerte Formulierung. So soll die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich aufgehoben werden. Es ist die einzige Formulierung im Koalitionsvertrag, die sich konkret auf den hausärztlichen Versorgungsbereich bezieht.

Je nach regionaler Ausgestaltung der Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) in den KVen könne diese Regelung zu einer deutlichen Verbesserung oder aber einer Verschlechterung der hausärztlichen Honorare führen, gibt Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, zu bedenken. “Den hinter dieser Formulierung liegenden Wunsch im Koalitionsvertrag, die hausärztliche Versorgung zu fördern und zu stärken, begrüßen und unterstützen wir natürlich.”

Stärkung des ambulanten Sektors

Insgesamt stärken will die neue Bundesregierung den ambulanten Sektor. Hier sind beispielsweise eine Erleichterung für die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen sowie der Abbau bürokratischer Hürden geplant.

Dadurch sollen auch die Kommunen mehr (Eigen-)Verantwortung bei der Sicherstellung der Versorgung übernehmen können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen bei der ambulanten Notfallversorgung stärker in die Pflicht genommen werden und gemeinsam mit den Krankenhäusern in integrierten Notfallzentren die Versorgung zu Zeiten sicherstellen, in denen Hausarztpraxen nicht besetzt sind.

Verbesserungen für unterversorgte Gebiete

Gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen will die Koalition zudem die Versorgung unterversorgter Gebiete verbessern. Konkret geplant sind unter anderem der “Ausbau multiprofessioneller, integrierter Gesundheits- und Notfallzentren” für eine “wohnortnahe, bedarfsgerechte, ambulante und kurzstationäre Versorgung” sowie deren Förderung “durch spezifische Vergütungsstrukturen”, so der Wortlaut der Vereinbarung.

Ausgeweitet werden soll laut Koalitionsvertrag der gesetzliche “Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern”, um innovative Versorgungsformen zu stärken. “Hier könnten sich zusätzliche Spielräume ergeben, in denen wir als Hausärztinnen und Hausärzte die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsfachberufen, im Rahmen von Selektivverträgen selbst gestalten können”, hofft Weigeldt.

In besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen sollen “niedrigschwellige Beratungsangebote (z. B. Gesundheitskioske) für Behandlung und Prävention” eröffnet werden; wer diese führen soll, bleibt abzuwarten. Im ländlichen Raum will die Koalition zudem “Angebote durch Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen” ausbauen.

“Inwiefern diese Regelungen Hausärzte tangieren, ist noch nicht klar”, meint Ulrich Weigeldt und verweist auf die gut ausgebildeten VERAH®, die schon heute Hausärztinnen und Hausärzte bei der Versorgung gerade ländlicher Regionen unterstützen.

Digitalisierung fester Bestandteil der Versorgung

Klar zur Digitalisierung bekennt sich auch die neue Bundesregierung. Bisher sind unter anderem viele telemedizinische Angebote an Sonderregelungen im Zuge der Pandemie gekoppelt. Künftig sollen “regelhaft telemedizinische Leistungen inklusive Arznei-, Heil- und Hilfsmittelverordnungen sowie Videosprechstunden, Telekonsile, Telemonitoring und die telenotärztliche Versorgung” möglich sein, heißt es im Koalitionsvertrag.

Die Einführung der elektronischen Patientenakte und des E-Rezeptes sollen laut Koalitionsvertrag ebenso beschleunigt werden wie die Anbindung aller Akteure an die Telematikinfrastruktur. “Wir begrüßen, dass die Digitalisierung vorangetrieben wird”, stellt der Bundesvorsitzende klar, “wir wünschen uns aber, dass Qualität vor Schnelligkeit geht und endlich digitale Anwendungen geschaffen werden, die den Hausärztinnen und Hausärzten echte Entlastung bringen”.

Ein weiterer Punkt: Entscheidungen des Zulassungsausschusses müssen laut Koalitionsvertrag künftig durch die zuständige Landesbehörde bestätigt werden. Damit will man verhindern, dass sich zu viele Hausärztinnen und Hausärzte innerhalb eines Gebiets niederlassen, während andere Gebiete unterversorgt bleiben.

Damit wird die Zulassung noch enger reguliert, indem der Niederlassung eine zusätzliche Kontrollinstanz in Form einer übergeordneten Aufsichtsbehörde vorgeschaltet wird. “Wenn die Politik bei so zentralen Fragen wie der Daseinsvorsorge mitentscheiden möchte, ist das sicher nachvollziehbar”, sagt Ulrich Weigeldt. “Ob eine solche zusätzliche Entscheidungsebene in Zeiten des Hausarztmangels, wo oft wenig zu entscheiden ist, wirklich hilfreich ist, muss die Praxis zeigen”, gibt er zu bedenken.

Minister ist Kenner des Systems

Weitere Regelungen im Koalitionsvertrag betreffen unter anderem die Ausbildung im Gesundheitswesen, die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und das Betäubungsmittelgesetz. Zuversichtlich stimme ihn die Besetzung des Gesundheitsministeriums mit Professor Lauterbach, der als Experte über jahrelange Erfahrung und profunde Kenntnisse des Systems verfüge, so Weigeldt.

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