Berlin. Eine verpflichtende Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 kommt zunächst auf Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu. Das geht aus dem „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19“ hervor, dem Bundestag und Bundesrat am Freitag (10.12.) zugestimmt haben.
Eine allgemeine Impfpflicht ist damit aber noch nicht vom Tisch. Hierüber sollen Bundestagsabgeordnete bald ohne Fraktionsdisziplin abstimmen, kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) an. Ein Impfregister zur Erfassung der Corona-Geimpften sehe er jedoch skeptisch. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) stellte zur Durchsetzung auch Bußgelder in Aussicht.
Die Bevölkerung müsse sich langfristig auf Corona-Impfungen einstellen, so Scholz weiter. Deswegen sei es sinnvoll, die jetzt etablierten Impfstrukturen nicht so schnell herunterzufahren. Dies lässt den Schluss zu, dass neben den Hausärztinnen und Hausärzten vorerst weiter auch Impfzentren bestehen bleiben sollen.
Der Deutsche Hausärzteverband hat seit Wochen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gefordert und angeregt, dass diese nicht erst März 2022 umgesetzt werden sollte. Denn insbesondere in der Pflege sei es mithin fahrlässig, dass die Pflege und Betreuung von hochvulnerablen Menschen weiterhin durch ungeimpfte Mitarbeitende erfolge.
Impfnachweis bis 15. März vorzulegen
Das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention bessert vor allem das kürzlich geänderte Infektionsschutzgesetz (IfSG) nach. Gemäß des neuen Paragrafen 20a müssen auch in Arztpraxen Tätige bis 15. März 2022 den Praxisinhabern einen Nachweis vorlegen, dass sie gegen SARS-CoV-2 geimpft oder davon genesen sind.
Als anerkannte Dokumente gegenüber Praxischefinnen und -chefs sieht das IfSG vor:
- Impfnachweis
- Genesenennachweis
- Ärztliches Zeugnis über eine Kontraindikation gegen eine SARS-CoV-2-Impfung
Beschäftigte, die ab 16. März 2022 ihre Stelle antreten, müssen vor dem ersten Arbeitstag den Nachweis erbringen. Zweifeln Arbeitgeber an der Echtheit des Zertifikats oder erbringen Beschäftigte diesen nicht, müssen Praxischefs das Gesundheitsamt darüber informieren.
Ablauf des Nachweises am besten dokumentieren
Wessen Nachweis seine Gültigkeit ab dem 16. März verliert, der muss innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit einen neuen Nachweis vorlegen. Tipp: Praxisinhaber sollten überlegen, ob sie bereits bei der Erstvorlage das Ablaufdatum des Nachweises dokumentieren und sich einen Erinnerungstermin setzen, wann ggf. von einem Mitarbeitenden ein neuer Nachweis vorzulegen ist.
Denn das zuständige Gesundheitsamt kann die Nachweise abfragen und bei Zweifeln an der Echtheit eine ärztliche Untersuchung verlangen. Gleiches gilt künftig auch für die bereits verpflichtende Masern-Impfung – auch hier kann das Amt künftig eine Untersuchung anordnen, wenn es am Nachweis zweifelt.
Widersetzt man sich der Anordnung, kann die Behörde ein Zutritts- oder Tätigkeitsverbot aussprechen. Zudem gilt die Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach IfSG und kann mit einem Bußgeld von bis zu 2.500 Euro geahndet werden.
Der Paragraf 20a IfSG wird ab 1. Januar 2023 wieder aufgehoben.
Zahnärzte und Apotheker dürfen impfen
Mit dem neuen Paragrafen 20b dürfen vorübergehend Zahn- und Tierärzte sowie Apotheker über Zwölfjährige gegen Corona impfen. Auch diese Regelung endet am 1. Januar 2023. Die Tätigkeit ist ebenso wie bei Humanmedizinern von der Gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt.
Die Delegation der Impfung an nichtärztliches Personal ist von diesen Vorgaben nicht umfasst, sondern wie bislang möglich, stellt der Gesetzentwurf klar.
Die Impfung durch Zahn-, Tierärzte und Apotheker setzt voraus, dass sie
- ärztlich geschult wurden und eine Bestätigung darüber vorlegen können,
- über geeignete Räume zur Impfung verfügen oder zu einem mobilen Impfteam gehören.
Die Bundesärztekammer erarbeitet mit den Bundeskammern der anderen Berufe Muster-Curricula für die Schulungen bis Ende dieses Jahres. Die Schulungen sollen insbesondere zur Corona-Impfung befähigen und daher vor allem das Impfen, die Aufklärung und den Umgang mit Kontraindikationen, den Ausschluss akuter Erkrankungen und Allergien sowie Notfallmaßnahmen bei einer Impfreaktion behandeln.
Testpflicht wird entschärft
Nachgebessert hat die Bundesregierung darüber hinaus bei der Testpflicht für Arztpraxen. Die Kritik der Ärztevertreter wurde erhört und die Vorgaben hier deutlich zurückgeschraubt. So regelt Paragraf 28b Absatz 2 jetzt, dass sich nur noch ungeimpfte Beschäftigte täglich auf Corona testen müssen. Für sie ist kein Selbsttest erlaubt.
Für geimpftes und genesenes Personal reicht ein Antigen-Selbsttest ohne Überwachung zweimal die Woche. Ebenso ist ein Selbsttest für Heimbesuche ausreichend. Von der Testpflicht ausgenommen sind Besucher bei einem Notfallkontakt sowie Besucher, die keinen direkten Patientenkontakt haben wie Lieferanten oder IT-Techniker. Hingegen gelten Auszubildende, Schüler oder Studierende als Beschäftigte.
Testkonzept bleibt Pflicht
Weiterhin müssen Arztpraxen auch ein Testkonzept erstellen, ihren Beschäftigten Coronatests anbieten und die Testergebnisse dokumentieren. Sie müssen die Nachweise allerdings nur auf Verlangen des Gesundheitsamts diesem Vorlegen – und nicht wie ursprünglich festgelegt, selbstständig alle zwei Wochen übermitteln.
Dokumentieren sollten Praxischefs auch den Anteil der geimpften Beschäftigten. Diesen müssen sie nämlich ebenso auf Anforderung dem Gesundheitsamt anonymisiert mitteilen. Die monatliche Informationspflicht gilt lediglich für voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist darauf hin, dass Praxen zwei Antigentests pro Mitarbeiter in einer Woche nach der Corona-Testverordnung abrechnen können. Sie bekommen hierzu pauschal 3,50 Euro für die Sachkosten erstattet.
Tätigkeit in Impfzentren sozialversicherungsfrei
Darüber hinaus wurde eine Detailänderung für Genesenen- und Testzertifikate nach Paragraf 22 Abs. 4b du 4d IfSG eingeführt. Diese müssen künftig Name und Anschrift „der zur Durchführung oder Überwachung der Testung befugten Person“ enthalten. Bisher hieß es hier nur des für die Testung Verantwortlichen.
Verlängert hat die Bundesregierung zudem die Befreiung von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung nach SGB IV für Tätigkeiten in Impfzentren und mobilen Impfteams. Diese sind bis 31. Mai 2022 beitragsfrei.
Bonus für Gesundheitspersonal abgelehnt
Keine Mehrheit fand im Bundestag ein Änderungsantrag der Linken zu Boni für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeberufen. Die Fraktion hatte eine steuer- und sozialabgabenfreie Prämie von 1.000 Euro für Vollzeitbeschäftigte vorgeschlagen. red
Quelle: dpa