Die hausärztliche Versorgung steht vor einem Wandel – gerade in Flächenländern wie Rheinland-Pfalz. Auf dem Hausärztetag 2021 gab es deshalb neben Fortbildungen für Hausärztinnen und Hausärzte und MFA auch eine engagierte Podiumsdiskussion über Zukunftskonzepte, moderiert von der Vorsitzenden des HÄV RLP, Dr. Barbara Römer.
Schon die Besetzung des Podiums ließ aufhorchen: Clemens Hoch, der Staatsminister für Wissenschaft und Gesundheit in Rheinland-Pfalz war gekommen, um mit den Hausärzten Fragen der zukünftigen Versorgung zu diskutieren.
Die Forderung nach mehr Studienplätzen sah er kritisch: “Wir sind in Mainz schon bei 450 Studienplätzen pro Jahr und damit der drittgrößte Hochschulstandort in Deutschland.” Die Einführung der Primärassistenz als hausärztliche Variante des Physician Assistants ist aktuell in der Entwicklung und “bei uns in RLP schon weit fortgeschritten”, wie Dr. Barbara Römer betonte, mit dem Ziel, eine echte Team-Praxis zu entwickeln. “Wir müssen wegkommen von der Fixierung auf eine zentrale Person und ein Team um die Patienten bilden.”
Was alle umtreibt ist die Angst, bald zu wenig Kapazitäten für die große Zahl an Patienten zu haben. Doch wie lassen sich die Effizienz einer größeren Versorgungseinheit und der Wunsch der Patienten nach einer emotionalen Beziehung zu einem Ansprechpartner unter einen Hut bringen?
Dr. Rita Bangert-Semb, geschäftsführende Ärztin im Hausarztzentrum Metropolregion Rhein-Neckar betonte dazu, dass der Impuls für die Veränderung von Seiten der Hausärzte kommen muss. “Wir haben jetzt schon viele erschöpfte Kollegen. Wir müssen lernen: Schlechte Versorgung ist nicht, wenn sie in einer Struktur erfolgt.” In der Team-Praxis, so der Tenor der Diskussion, wird es vermutlich so sein, dass Patienten sich ihre Vertrauensperson im Team suchen.
Die Primärassistenz hätte sogar einen doppelten Vorteil: Eine VERAH® könnte sich akademisch weiter qualifizieren, gleichzeitig liefen beim Hausarzt weiter die Fäden zusammen. Die Runde zeigte sich zuversichtlich, dass bald der Einsatz einer Primärassistenz auch wirtschaftlich ist. Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass die Diskussion bei der VERAH® vor Jahren ähnlich war – und dass es heute durchaus lohnend ist, eine im Team zu haben. Auch die Gesundheitspläne der Ampelkoalition scheinen diese Richtung zu unterstützen.
Last not least wird die Telemedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft eine wichtige Rolle spielen, wie erfolgreiche Modellprojekte in Rheinland-Pfalz zeigen. Mehr als 70% der 70-Jährigen sind online und von 1.000 Patienten, die in die Praxis kommen, sind 850 nicht akut bedürftig. “Diese 850 müssen wir anders versorgen, damit wir für die 150, die uns wirklich brauchen, auch Zeit und Empathie haben,”, so Dr. Bangert-Semb. Dr. Reinhard Merz