Berlin. Bereits im Juni 2021 hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) die Kosten für die gestiegenen Aufwendungen im Zusammenhang mit den gestiegenen Anforderungen an die allgemeine Hygiene in den Vertragsarztpraxen mit 98 Millionen Euro beziffert. Grund für die gestiegenen Kosten war eine Vielzahl von Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien, durch die die Ausgaben, aber auch der Zeitaufwand für die Durchführung der Hygienemaßnahmen gestiegen sind.
Für das Jahr 2018 (also noch vor Corona) bezifferte das Zentralinstitut (Zi) der kassenärztlichen Versorgung die durchschnittlichen Hygienekosten pro Vertragsarztpraxis mit 24.287 Euro.
Videokontakte ausgeschlossen
Nach dem Beschluss von Juni 2021 hat der Erweiterte Bewertungsausschuss jetzt nach fünf Monaten am 17. November 2022 in seiner 74. Sitzung über die Ausgestaltung dieses Hygienezuschlags entschieden. Er hat gleichzeitig den sofortigen Vollzug des Beschlusses zum 1. Januar 2022 beschlossen.
Demnach erhalten alle Vertragsarztpraxen, Hausärzte wie Fachärzte, zu den im Quartal abgerechneten Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschalen einen Zuschlag in Höhe von zwei Punkten (das entspricht etwa 22,5 Cent pro Zuschlag). Die neuen Ziffern 03020 und 04020 EBM werden also der 03000 oder 04000 EBM zugesetzt.
Ausgenommen von der Zahlung der Hygienepauschale sind lediglich Fälle, in denen nur Videokontakte stattfinden und abgerechnet werden.
KV setzt Zuschlag automatisch zu
Eine textgleiche Zuschlagposition ist mit entsprechender fachspezifischer Gebührenordnungsposition (GOP) auch für die einzelnen Facharztkapitel des EBM beschlossen. Nach dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses wird der Zuschlag einmal im Behandlungsfall automatisch durch die zuständige KV der Abrechnung zugesetzt.
Mit diesem Hygienezuschlag sollen die Kosten für die Verwendung von sog. Safety-Produkten, für Hygieneberatung und für die Teilnahme an Fortbildungen ausgeglichen werden. Die Höhe des Zuschlags ist für alle Fachgruppen gleich, da sich die allgemeinen Hygieneaufwendungen und -kosten nur unwesentlich unterscheiden.
Über Hygienekosten bei speziellen Leistungen (beispielsweise Dialysen, Endoskopien oder ambulante Operationen) werde nach Aussagen von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen noch separat verhandelt werden müssen, da die Aufwendungen für Hygienemaßnahmen hier in der Regel deutlich höher liegen.
Weitere Verhandlungen nötig
Insgesamt ist der aktuelle Beschluss allerdings nur als ein erster Schritt in die richtige Richtung einzustufen. Noch im März dieses Jahres hatte die KBV ein Angebot der Kassen von 90 Millionen als lächerlich zurückgewiesen, das allerdings verknüpft war mit einer Aussage der Kassen, keine Zuschläge für die gestiegenen Kosten der Digitalisierung zahlen zu wollen. Es bleibt spannend, ob und wann weitere Ergebnisse folgen werden.