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42. Deutscher HausärztetagOhne Hausärzte geht es nicht

Vor allem zwei große Themen beschäftigten die Delegierten des Hausärzteverbandes auf dem diesjährigen Deutschen Hausärztetag Ende September in Berlin: die Rolle der Hausarztpraxen in der Pandemie und die Digitalisierung. Wichtiger Kritikpunkt: Trotz der zentralen Rolle der hausärztlichen Versorgung wird immer wieder vieles über die Köpf der Hausärztinnen und Hausärzte entschieden.

Nach dem virtuellen Hausärztetag 2020 waren alle froh, sich - beinahe - wie gewohnt vor Ort auszutauschen, wie hier die Delegierten aus Hessen.

Sei es bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie oder bei der Digitalisierung der Praxen – immer wieder wurde im letzten Jahr über die Köpfe der Hausärzteschaft hinweg entschieden. Das kritisierte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, auf dem 42. Deutschen Hausärztetag in Berlin in seinem Bericht zur Lage.

Ruhige Hand der Politik fehlte

Die ambulante Versorgung in der Corona-Pandemie sei zu großen Teilen von den Hausärztinnen und Hausärzten gestemmt worden, aber in einer entsprechenden Wertschätzung durch die Politik habe sich dies nicht widergespiegelt, kritisierte Weigeldt.

Lediglich in direkten Gesprächen mit Abgeordneten quer durch die Fraktionen sind die hausärztlichen Leistungen in der Krise und die massive Belastung der Mitarbeitenden auch anerkannt worden.

Ebenso positiv zu vermerken: die Resonanz des hausärztlichen Engagements in den Medien. Neben den enormen Belastungen im Praxisbetrieb standen viele Hausärzte den Medien mit Statements und Interviews Rede und Antwort und vertraten in der Krise eine eindeutige und pragmatische Linie. “Über die Wertschätzung in der Bevölkerung müssen wir uns wahrlich keine Sorgen machen”, bilanzierte Weigeldt.

Ganz anders hingegen habe die Politik in der Krise agiert. Weigeldt sprach von “erratischen Statements” aufgrund ideologischer Differenzen in der Regierung, von “dräuendem Alarmismus” und “Expertokratie.” “Die kurzatmige Abfolge von Gesetzgebung und Verordnungen hat zu einer hektischen Atmosphäre sicher beigetragen”, bedauerte der Bundesvorsitzende.

Unklare Begründungen für die Lockdown-Entscheidungen, ungenaue und unverständliche Zahlen, seitens der Politik ein “Überbietungswettbewerb für härtere Maßnahmen und grausige Zukunftsaussichten” – all das habe verhindert, was gefordert war: eine ruhige Hand. Er wolle nicht die Pandemie verharmlosen, “aber sie muss nicht auch noch dramatisiert werden”, so Weigeldt.

Erst mit den Hausärzten kam der “Impfturbo”

Schließlich seien es vor allem die Hausärzte, von denen in der Krise Lösungen und Hilfe erwartet werden. Es wäre dringend notwendig gewesen, die Hausärzteschaft rechtzeitiger über geplante Maßnahmen zu informieren, “wenn wir schon nicht im Vorfeld solcher Entscheidungen gehört wurden”, kritisierte Weigeldt.

Das habe auch die Impfkampagne gezeigt. Dennoch sei erst durch die Hausarztpraxen der “Impfturbo” gezündet worden. “Wir haben die Impfungen in den Praxen schnell, flächendeckend und zur hohen Zufriedenheit unserer Patientinnen und Patienten und anderer Impflinge umgesetzt, obwohl die 20 Euro in Anbetracht der Beratungsintensität und der aufwändigen Logistik bei der Bestellung und Vorbereitung keineswegs als kostendeckendes Honorar anzusehen sind,” so Ulrich Weigeldt.

Für die Zukunft forderte der Bundesvorsitzende, die Corona-Impfung in die Impfroutine der hausärztlichen Praxen zu integrieren, “am besten kombiniert mit der jährlichen Grippeimpfung.”

Erhöhung des Punktwertes so nicht akzeptabel

Die Erhöhung des Orientierungspunktwertes um nur rund 1,3 Prozent sei auch angesichts der Inflation “unglaublich wenig und nicht akzeptabel”, so Weigeldt weiter. Für viele Praxen sei das letzte Jahr wirtschaftlich schwierig gewesen. “Der beste Rettungsschirm ist doch die Teilnahme an der HZV”, sagte Weigeldt.

“Tatsächlich sind die Teilnehmerzahlen an der HZV auf bundesweit rund 8,5 Millionen gestiegen, sechs Millionen davon haben sich in Vollversorgungsverträge eingeschrieben, die über uns abgeschlossen werden.” Doch es gebe immer wieder Stimmen, die die Hausarztzentrierte Versorgung infrage stellen, mahnte der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, unter dem Applaus der Delegierten, “das wäre eine Kriegserklärung an die Hausärzteschaft in Deutschland!”

Wo bleibt der Nutzen?

Kritik äußerte Weigeldt auch an der Digitalisierungsstrategie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). “Freundlich formuliert hat nicht alles, was aus dem Hause Spahn auf den Weg gebracht wurde, einen Nutzen in der hausärztlichen Versorgung, eigentlich steht fast immer der Nutzen für die Kassen und deren Datensammlung im Vordergrund,” so Weigeldt.

“Was interessieren uns die Stammdaten? Wir müssen nur wissen, wo der Patient wohnt”, spitzte er zu.

Dass die digitale Versorgung ein Schlüsselthema bleibt, stellten weder Weigeldt noch die Delegierten infrage. Neun der 20 Anträge zum Tagesordnungspunkt zwei befassten sich allein mit Themen der Digitalisierung – vom Antrag, die eAU und das eRezept vorübergehend nicht einzuführen bis hin zu einer digitalen Mitgliederplattform für den Hausärzteverband.

Harte Kritik äußerte Weigeldt aber an den Strafzahlungen, die Hausärzte leisten sollen, wenn sie bestimmte Digitalisierungsschritte nicht fristgemäß umsetzen. “Die Strafzahlungen müssen weg, das müssen wir der neuen Regierung deutlich sagen”, so Weigeldt.

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