Gerade noch rechtzeitig hat der Bewertungsausschuss den EBM an die neue Gesundheitsuntersuchung, bisher Check-up 35, angepasst. Doch beim Ergebnis bleibt vieles ungeklärt, etwa: Werden die Hausärzte Honorar einbüßen?
Berlin. Rund 1,84 Euro mehr – also 320 (34,63 Euro) statt 303 Punkte – erhalten Hausärzte jetzt für die neue Gesundheitsuntersuchung (GU). Beim Tages- und Quartalsprofil des Arztes wird die 01732 EBM künftig mit einer Prüfzeit von 22 Minuten berücksichtigt (bisher 21 Minuten).
Darauf haben sich Kassen und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am Freitag (31. März) im Bewertungsausschuss (BWA) geeinigt. Die Entscheidung fiel in letzter Minute, tritt sie doch bereits zum 1. April in Kraft, wenn das Bundesgesundheitsministerium den Beschluss nicht beanstandet. Damit stellen sich aber zunächst einmal mehr Fragen als beantwortet werden.
Rätsel gibt vor allem das geänderte Untersuchungsintervall auf, das der Gemeinsame Bundesausschuss im Juli 2018 – mit Wirkung zum 25. Oktober 2018 – beschlossen hat. So haben Versicherte ab 35 Jahren alle drei statt bislang zwei Jahre Anspruch auf die GU. Doch der Bewertungsausschuss verliert hierzu kein Wort. Für Hausärzte ist also nicht eindeutig, wann ein Patient zuletzt einen Check-up bekommen haben darf, damit er ab April wieder einbestellt werden kann. Eine Antwort der KBV auf Nachfragen von “Der Hausarzt” steht bisher noch aus.
Abrechnung: Welche Patienten sind unproblematisch?
Aus Berliner Kreisen erfuhr „Der Hausarzt“ im Vorfeld des BWA-Beschlusses noch, man könne sich nicht vorstellen, dass die Fristen rückwirkend in Kraft treten werden. Schließlich ändere sich nicht nur die Bewertung, sondern auch der Leistungsinhalt und den könnten die Ärzte erst erbringen, wenn der EBM entsprechend geändert sei. Spannend ist die Frage des Stichtags auch deshalb, weil je nach Auslegung die Krankenkassen Rückforderungen wegen falscher GU-Abrechnung einfordern könnten.
Eine offizielle Übergangsregelung war bis zum Donnerstag (4.4.) noch nicht bekannt. Die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) beantworten deswegen diese Frage sehr unterschiedlich (s. Tab. 1). Im Laufe des Dienstags (2. April) zeichnete sich langsam eine Mehrheit unter den KVen ab, die sich der Auffassung der KV Nordrhein anschlossen.
Die KV Nordrhein teilt auf ihrer Webseite mit: Die neuen Vorgaben gelten von 1. April an und umfassten auch Patienten, “die bereits einen nach der bisherigen Bestimmung (Intervall von zwei Jahren) zum Check-up einbestellt wurden. Das heißt: Ein Patient, der zum Beispiel zuletzt 2017 zur Gesundheitsuntersuchung in der Praxis war, hat erst 2020 wieder Anspruch auf diese Leistung.” Die KV Saarland verfährt ähnlich, schlüsselt auf ihrer Webseite aber sehr detailliert auf, wie die Abrechnung zu erfolgen hat (s. Tab. 1).
Am Donnerstag (4.4.) teilte schließlich auch die KBV offiziell mit, dass ab dem Stichtag 1. April 2019 das Drei-Jahres-Intervall erfüllt sein muss. Dies bedeute, dass “gesetzlich Versicherte, die 2019 die Untersuchung wahrnehmen wollen, einen Anspruch darauf haben, wenn die vorherige Gesundheitsuntersuchung 2016 (oder früher) stattgefunden hat”.
Unproblematisch für die Abrechnung sind momentan auf jeden Fall nur die Patienten, die erstmals an der GU teilnehmen – sowohl wenn sie über 35 Jahre sind, als auch wenn sie nun als 18- bis 34-Jährige erstmals Anspruch auf eine einmalige GU haben.
Folgen fürs Honorar unklar
Ungewiss ist aufgrund des längeren GU-Intervalls auch, ob und, falls ja, in welcher Höhe Hausärzte Honorar einbüßen. Die GU wird weiterhin extrabudgetär vergütet. Für den größeren Teil der Versicherten (die über 35-Jährigen) darf die Leistung jetzt seltener, nur noch alle drei Jahre, erbracht und abgerechnet werden. Allerdings erschließt sich mit den 18- bis 34-Jährigen auch eine neue Patientenklientel. Stellt sich also die Frage: Können die neuen Patienten den Verlust durch das längere Zeitintervall auffangen?
Feststeht: Der alte Check-up 35 macht bei Hausärzten einen erheblichen Umsatzanteil aus. Die 01732 EBM rangiert auf Platz 7 aller GKV-Leistungen der Hausärzte, geht aus dem Honorarbericht der KBV für das zweite Quartal 2016 hervor. Fast alle Hausärzte (95 Prozent) erbringen regelmäßig die GU.
Änderung bei Laborpauschalen
Mit der überarbeiteten GU-Richtlinie des G-BA ändern sich auch die Laborpauschalen im EBM (s. Tab. 2). Neben Urin-, Blutzucker- und Gesamtcholesterin soll ein vollständiges Lipidprofil erfolgen. Letzteres setzt sich aus Gesamt-, HDL- und LDL-Cholesterin sowie Triglyceriden zusammen. Bei den 18- bis 35-Jährigen soll aber nur bei entsprechender Risikokonstellation das Blut untersucht werden, ein Urintest ist nicht vorgesehen. In der Legende der 01732 EBM heißt es daher, diese dürfe zusammen mit der 32880 bis 32882 „in Abhängigkeit der in den Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie jeweils geforderten Laboruntersuchung“ berechnet werden.
Gleich bleiben die Pauschalen für den Harnstreifen- (32880) und Blutglukosetest (32881) bei der GU. Mit 1,00 Euro höher bewertet wird hingegen künftig die 32882 EBM: Sie umfasst das Lipidprofil bei der GU und nicht mehr nur das Gesamtcholesterin (bisher 25 Cent). Daraus erklärt sich die höhere Bewertung.
Die Ausschlüsse zur 01732 EBM bleiben im Wesentlichen unverändert. Lediglich die 32030 EBM (Orientierende Untersuchung) hat der Bewertungsausschuss hier gestrichen – sie wurde bislang in der Regel für den Urin-Stix außerhalb der GU abgerechnet. Dafür führt der Bewertungsausschuss die 32033 EBM neu ein (s. Tab. 3). Die 32033 dürfen Ärzte nicht mit der 01732 in gleicher Sitzung abrechnen.
Die 32030 EBM kann daher von 1. April an nicht mehr für den kurativen Harnstreifentest berechnet werden, teilt die KV Bayerns mit. Als Grund für die Änderung gibt sie an, dass so ermöglicht werden sollte, die kurative orientierende Untersuchung (32030 EBM) neben der GU abzurechnen.
Weiterhin nicht im gleichen Behandlungsfall mit der GU (01732) berechenbar ist die Hautkrebs-Früherkennung nach der 01745 EBM.
Das ändert sich noch
Zur Erinnerung: Im Juli 2018 hatte der G-BA die GU-Richtlinie geändert. Neben den bereits erwähnten Neuerungen, sollen Hausärzte künftig beim Check-up auch den Impfstatus kontrollieren.
Wenn aus ärztlicher Sicht angezeigt, soll das kardiovaskuläre Risiko mittels Risk-Chart erfasst werden – und je nach Ergebnis, die Patienten beraten werden, wie sie ihr Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung senken können. Zudem sollen familiäre Risiken für Krebserkrankungen erfragt werden.
Einfacher wird die Dokumentation: Hier reicht künftig die Niederschrift in der Patientenakte aus. Das Formular 30 ist dazu nicht mehr nötig.
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