Berlin. Die Entscheidung über den neuen Orientierungswert für 2020 könnte im Erweiterten Bewertungsausschuss landen. Denn die Verhandlungen gestalten sich laut Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), schwierig, die Positionen von KBV und Kassen „klaffen sehr weit auseinander“. Das hat die KBV zum Start der Honorarverhandlungen für die rund 170.000 Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten am Mittwoch (14. August) bekanntgegeben.
In der nächsten Woche wollen beide Seiten die Gespräche auf Spitzenebene fortsetzen. Sollte keine Einigung zum Orientierungswert möglich sein, muss der Erweiterte Bewertungsausschuss entscheiden.
Der Orientierungswert, der maßgeblich die Preise ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen bestimmt, beträgt aktuell 10,8226 Cent. KBV und GKV-Spitzenverband haben den gesetzlichen Auftrag, jährlich über die Anpassung des Wertes zu verhandeln. Dabei sind die für Arztpraxen relevanten Investitions- und Praxiskosten explizit zu berücksichtigen.
„Jedes Jahr verhandeln wir den Orientierungswert neu. Und jedes Mal will die Kassenseite am liebsten sämtliche Kostensteigerungen in den Praxen ausblenden“, monierte Gassen nun jedoch.
Enttäuschender Stand bei Hausbesuchen
Besonders enttäuschend sei, dass bei der Förderung von Hausbesuchen erneut kein Durchbruch erzielt werden konnte. Bereits seit über einem Jahr diskutieren die Parteien hierüber. Der Deutsche Hausärzteverband hatte immer wieder die Notwendigkeit betont, solche hausärztlichen Leistungen aufzuwerten. Hausbesuche seien jahrzehntelang massiv unterbewertet worden. „Daher braucht es jetzt ebenso massive Investitionen“, sagte Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt bereits zum Start der letzten Honorarverhandlungen.
Doch: Der GKV-Spitzenverband habe offensichtlich andere Vorstellungen davon, welche Versorgungsangebote die Versicherten benötigten, kritisierte nun Gassen. Der GKV-Spitzenverband wollte sich am Freitag (16. August) nicht inhaltlich zum Stand der Verhandlungen äußern.
Auch bei EBM-Novelle “Hilfe” nötig?
Mit der KBV hingegen werden die Kassen wohl auch über den Orientierungswert hinaus weiter im intensiven Gespräch bleiben. Denn: Auch eine Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM), die bereits mehrfach verschoben worden ist, steht weiterhin auf der Tagesordnung. KBV und GKV-Spitzenverband legten am Mittwoch nach mehrjährigen Beratungen jeweils einen Beschlussentwurf vor. Ein stehendes Ziel ist es, die „sprechende Medizin“ zu fördern. Größere Umverteilungen zwischen den Arztgruppen wolle die KBV dabei auf jeden Fall verhindern. Dies, so Gassen, sehe der GKV-Spitzenverband anders.
Um die Auswirkungen beider Beschlussentwürfe auf die Versorgung besser bewerten zu können, sollen jetzt zunächst weitere Berechnungen erfolgen. Der Bewertungsausschuss wird sich dann im September erneut damit befassen. Sollte keine Einigung möglich sein, muss auch hier der Erweiterte Bewertungsausschuss eingeschaltet werden.
Damit der überarbeitete EBM planmäßig zum 1. Januar 2020 in Kraft treten kann, müssen die Änderungen bis zum 30. September beschlossen werden.