Berlin. Den Versuchen der Ärzteverbände, die geplante Sprechstundenerhöhung von 20 auf 25 Stunden pro Woche zu verhindern, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine deutliche Absage erteilt. Er würde den Ärzten raten, ihre „politische Energie lieber in Themen zu investieren, die eine größere Veränderungswahrscheinlichkeit bieten“, sagte Spahn als Gast des Neujahrsempfangs des Deutschen Hausärzteverbands am Mittwochabend (16.1.). Dies sei bei der Erhöhung der Sprechstundenzahl nicht der Fall, auch da diese ein im Koalitionsvertrag festgeschriebenes Vorhaben sei. “Das ist ja keine Idee, die ich mir allein ausgedacht habe.”
Die Ausdehnung der Sprechstundenzeit um fünf Stunden pro Woche ist eines der Vorhaben des umstrittenen Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG). Der Deutsche Hausärzteverband hatte aufgrund der Auswirkungen auf die Praxisorganisation wiederholt scharfe Kritik an dem Vorhaben geübt. Bis zuletzt hat er sich neben anderen Ärzteverbänden für eine Abkehr starkgemacht. So äußerte Gastgeber Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, auch auf dem Neujahrsempfang die kritische Frage, ob die neue Vorgabe bezüglich der Sprechstundenzeit das Gesetz, das von Neuregelungen zur Bedarfsplanung über MVZ bis hin zur psychotherapeutischen Versorgung ohnehin eine Vielzahl von Bereichen abdeckt, nicht überlaste.
Drohgebärde: PKV-Zukunft
Viele Bedenken der Ärzte schmetterte Spahn jedoch deutlich ab. So warnte der Minister davor, „vor lauter Beschwerden“ die Erfolge der vergangenen Jahre – etwa die positive Budgetentwicklung – zu vergessen. Mit Blick auf die im Zuge der Regierungsbildung scharf diskutierte Bürgerversicherung wurde Spahn noch deutlicher: „Wenn Politik und Ärzte das Problem der unterschiedlichen Terminvergabe für GKV- und PKV-Patienten nicht gemeinsam lösen, dann gerät die Legitimation für das duale System ins Wanken“, sagte er und fügte an: „Und ich habe den Eindruck, dass es auch im Interesse der Ärzte ist, dass es die PKV gibt.“
Hausärzte-Chef Weigeldt jedoch plädierte im Dialog dafür, dass sich Terminprobleme eher durch eine gezielte Überweisung durch den Hausarzt besser lösen ließen statt die Sprechstundenzeit hochzuschrauben.
Anhörung klingt noch nach
Das Treffen von Gesundheitsminister Spahn und den anwesenden Hausärzten war angesichts des Termins von besonderer Brisanz: Nur wenige Stunden vorher hatte die erste Lesung des TSVG im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages stattgefunden.
Vor rund 150 namhaften Gästen aus der Gesundheitspolitik bekräftigte Gastgeber Weigeldt am Abend seine im Ausschuss vorgetragene Kritik am vorliegenden Entwurf des Gesetzes: Er sehe darin ein „deutliches Ungleichgewicht“ im Vergleich zu den fachärztlichen Kollegen, so Weigeldt. Als Beispiel nannte er die Vergütung neuer Patienten, die – auch aufgrund der meist langjährigen Betreuung und weniger “Durchlauf” als bei fachärztlichen Kollegen – in der Hausarztpraxis naturgemäß weniger relevant sei als bei fachärztlichen Kollegen. „Hier sehen wir noch deutlichen Anpassungsbedarf“, betonte der Hausärzte-Chef vor Spahn. Insgesamt, so Weigeldt, halte der Gesetzentwurf in aktuell vorliegender Form nicht das Versprechen des Koalitionsvertrags. Dieser sehe explizit eine Stärkung der sprechenden und hausärztlichen Medizin vor; letztere sei im Gesetzentwurf aber nicht mehr zu finden.
Der Minister konterte, im Gesetz sei etwa mit der Vergütung für die Vermittlung von Facharztterminen – zuletzt waren dafür fünf Euro geplant – auch für Hausärzte „was drin“. Gleichwohl, betonte er, sei es ihm weiter wichtig, die „richtigen Anreize“ in der Versorgung zu setzen. Dies gelte auch für Hausärzte.
Dialog soll andauern
Sowohl Weigeldt wie auch Spahn betonten – trotz deutlicher Meinungsunterschiede – am Mittwochabend die Wichtigkeit des Gesprächs. Das parlamentarische Verfahren zum TSVG dauert an, für Mitte Februar ist eine zweite Anhörung angesetzt.