Erfurt. Mit deutlichen Worten hat Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, Manipulationsvorwürfe gegen Hausärzte zurückgewiesen. „Wir sind es leid, immer wieder süffisant geäußerten, zynischen Kommentaren zu angeblichen Manipulationen ausgesetzt zu sein“, sagte er in seinem Bericht zur Lage, mit dem er die Frühjahrstagung des Verbands am Freitag (10. Mai) eröffnete.
Auf Einladung des Thüringer Hausärzteverbandes haben sich die Delegierten in diesem Jahr in Erfurt getroffen, um in der Landeshauptstadt und dem benachbarten Weimar aktuelle politische Herausforderungen zu diskutieren und sich kollegial auszutauschen. Nach konzentriert geführten, teils kontroversen Debatten modernisierten sie dabei auch ihre Verbandsstatuten.
Folgen für Hausärzte noch nicht absehbar
Zur Eröffnung äußerte Weigeldt deutliche Kritik am jüngst veröffentlichten Referentenentwurf des Faire-Kassenwahl-Gesetzes (GKV-FKG), das unter anderem eine Reform des Risikostrukturausgleichs (RSA) unter den Kassen vorsieht. Dabei nannte Weigeldt das Gesetz eine “Nebelbombe”, bei der noch nicht absehbar sei, welche Folgen es wirklich für Hausärzte mit sich bringe.
Etwa die Hälfte der Mittel aus dem Gesundheitsfonds wird aufgrund des sogenannten Morbi-RSA verteilt. Dessen Reform ist eine der größten gesundheitspolitischen Dauer-Baustellen. Sehr vereinfacht gesagt folgt der Verteilungsmechanismus der Logik, dass eine Krankenkasse umso mehr Geld aus dem Fonds erhält, je kränker ihre Versicherten sind. In diesem Verteilungskampf unter den Kassen wird immer wieder der Vorwurf laut, auch Ärztinnen und Ärzte seien an den Manipulationen beteiligt.
Auch in der jüngsten Verbändeanhörung, an der für die ärztliche Seite lediglich Deutscher Hausärzteverband und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) teilgenommen hätten, sei „Manipulationsresistenz“ eines der meist gefallenen Wörter gewesen, berichtete der Hausärzte-Chef. Aber: „Niemand hatte, auch auf Nachfrage, Belege, dass Hausärzte Diagnosen manipuliert haben.“ Im Gegenteil habe der wissenschaftliche Beirat des BVA zur Wirkungsweise des Morbi-RSA in einem Gutachten jüngst konstatiert, dass die Schwere der Diagnosen die epidemiologischen Entwicklungen abbilde.
„Der Verteilungskampf der Kassen untereinander darf nicht auf dem Rücken der Hausärzte und ihrer Patienten ausgetragen werden“, fasste Weigeldt zusammen und erntete dafür den Applaus der Delegierten. „Wir sind nicht die Büttel der Krankenkassen!“
Anträge besiegeln die Kritik
Darüber hinaus plant das Ministerium unterschiedlich hohe Zuweisungen aus dem Morbi-RSA für haus- und fachärztliche Diagnosen. Mit dem GKV-FKG legt es dafür den Grundstein – in Form eines darin enthaltenen entsprechenden Prüfauftrags. Das Ziel: Zuweisungen aus dem Morbi-RSA nach hausärztlicher Diagnose im Vergleich zur fachärztlichen herabzustufen – für Weigeldt eine erneute „Degradierung“ der hausärztlichen Arbeit.
Die vorgesehene Streichung der Kostenpauschale für Disease-Management-Programme (DMP) sollte aus Sicht der Delegierten zurückgenommen werden, besiegelten die Anwesenden in einem einstimmig verabschiedeten Antrag. Denn: Diese Streichung gehe mit negativen Auswirkungen auf die DMP und damit auf die Behandlung chronisch Kranker einher. “Die DMP sind nicht ohne Grund wichtiger Bestandteil der Hausarztzentrierten Versorgung und ergänzen diese sinnvoll.”
Auch ein weiterer Antrag des geschäftsführenden Vorstandes unterstreicht die von Weigeldt formulierte Kritik. „Der Deutsche Hausärzteverband weist die von Krankenkassen immer wieder geäußerten Manipulationsvorwürfe zum Kodierungsverhalten der Hausärztinnen und Hausärzte und ihren Patienten aufs Schärfste zurück“, heißt es darin.
Aufsicht über Kassen bei Ländern ansiedeln
Darüber hinaus lehnt der Deutsche Hausärzteverband die im GKV-FKG vorgesehene Öffnung der Kassen ab, um den Bezug zu regionalen Versorgungsstrukturen und damit verbundenen Besonderheiten nicht zu verlieren.