Entbudgetierung & CoDas muss sich für Hausärzte noch ändern

Das „Versorgungsgesetz“ ist mit der Entbudgetierung die aktuell wichtigste Reform, um Hausarztpraxen zu stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind laut Hausärztinnen- und Hausärzteverband aber noch wichtige Anpassungen, etwa bei den neuen EBM-Pauschalen, nötig. Nun hat der Verband konkrete Vorschläge vorgelegt.

Mit dem GVSG sollen Hausarztpraxen auch finanziell mehr Sicherheit bekommen.

Berlin. Die Zielrichtung stimmt, im Detail braucht es beim Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG, vormals auch Versorgungsgesetz I) aber noch ein paar wichtige Veränderungen. Das wurde bei der nicht-öffentlichen Anhörung von Verbänden und Selbstverwaltung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) am Montag (7.5.) deutlich. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband hat dem Ministerium dazu seine Vorschläge in einer Stellungnahme zusammengefasst.

„Der Erfolg dieses Gesetzes wird maßgeblich darüber entscheiden, ob es in zehn Jahren noch eine gute hausärztliche Versorgung in Deutschland gibt oder nicht“, betonten die Bundesvorsitzenden Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier anlässlich der Anhörung.

Damit sich die Lage in den Praxen tatsächlich verbessere, kommt es insbesondere auf die Ausgestaltung der Jahrespauschalen für Chroniker, der Kriterien für die Vorhaltepauschale und die Details der Entbudgetierung der hausärztlichen EBM-Leistungen an. Danach müsse das Gesetz zeitnah das Bundeskabinett passieren, so der Verband. Am Montag (6.5.) hatte zudem die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) genauere Kriterien für die Pauschalen abgestimmt.

Bereits zu Beginn in der Gesetzesbegründung besteht Klarstellungsbedarf: So sollte laut Verband hier eindeutig formuliert werden, dass die Stärkung der hausärztlichen Versorgung ggf. zu sinkenden Ausgaben der Kassen in der stationären oder Notfallversorgung sowie für Arzneimittel führen kann. Keinesfalls dürfe dies so interpretiert werden, dass die Krankenkassen weniger in die hausärztliche Versorgung investieren könnten.

Vorhaltepauschale: Viele Kriterien „kaum erfüllbar“

Stärkung und Entlastung von medizinisch unnötigen Arztkontakten sollen unter anderem zwei neue jahresbezogene Pauschalen für Hausarztpraxen im EBM bringen, was der Verband grundsätzlich begrüßt. Bei beiden sei aber entscheidend, welche Details dazu der Bewertungsausschuss noch festlege und dass dieser auch seinen Gestaltungsspielraum im Sinne der Praxen nutze. Beide Pauschalen sollten idealerweise mit einem Praxis-Patienten-Kontakt ausgelöst werden können.

Bei der neuen Vorhaltepauschale, die die heutige 03040 EBM ersetzen soll, gibt der Gesetzentwurf jedoch „teilweise kaum erfüllbare Kriterien“ vor, kritisiert der Verband. So seien Samstags- oder Abendsprechstunden nicht flächendeckend erfüllbar und sollten gestrichen werden, um auch Nachwuchsärzte nicht vom Hausarztberuf abzuschrecken. Neue Leistungen erforderten „zusätzliches Geld“. Ob die 03040 EBM tatsächlich ersetzt oder nur ergänzt wird, sollte der Bewertungsausschuss regeln können, findet der Verband.

HZV-Patienten müssen mitzählen

Die Kriterien sollten so gewählt werden, „dass Praxen, die bereits heute einen hausärztlichen Versorgungsauftrag erfüllen, diesen Kriterien einfach gerecht werden können“. Dies müsse auch bei Zuschlägen für förderungswürdige Leistungen gelten. Bei der Prüfung müssten HZV-teilnehmende Versicherte mitgezählt werden, da sonst Praxen mit vielen HZV-Teilnehmenden benachteiligt würden.

Der Verband schlägt für die Vorhaltepauschale ein Stufenmodell vor, wonach die Vergütung gestaffelt wird: Die „Basis“-Pauschale erhielten dann etwa Praxen, die fünf von zwölf Kriterien erfüllten, die „fortgeschrittene“ acht von zwölf und die „umfassende“ Pauschale bei zehn von zwölf Kriterien.

Versorgungspauschale differenzieren

Ebenso komplex ist die Umstellung bei der Versorgungspauschale. Mit dem Wechsel von einem Arzt-Patienten- auf einen Praxis-Patienten-Kontakt könnten nicht nötige Arztkontakte gesenkt werden.  „Denkbar ist auch eine Kombination aus Jahrespauschale und Praxis-Patienten-Kontakt, bei der für leichte Chroniker eine quartalsbezogene Versichertenpauschale bereits durch einen weit gefassten Praxis-Patienten-Kontakt ausgelöst werden kann“, meint der Verband.

Denn nicht alle Menschen mit einer chronischen Erkrankung bräuchten eine intensive Betreuung. Es müsse daher klar definiert werden, was einen „leichten Chroniker“ von einer intensiven Betreuung unterscheide.

Dazu könne der Bewertungsausschuss zum Beispiel Kombinationen von Diagnoselisten und verordneten Medikamenten vorgeben. Wegen Unterschieden des Versorgungsangebots vor Ort oder des konkreten Falls (wie Begleiterkrankungen) sollten aber letztlich die Hausarztpraxen über die Anwendung der Jahrespauschale entscheiden können.

Quartalspauschale für „aufwändige“ Chroniker

Wer hingegen eine aufwändige Betreuung braucht, für den sollten Hausärztinnen und Hausärzte weiter die quartalsabhängige Chroniker- und Versichertenpauschale samt Zuschlägen abrechnen können, fordert der Verband. Diese Leistungen müssten adäquat vergütet werden, um den Aufwand abzubilden und keine Fehlanreize für die Versorgung zu setzen.

Sollte sich die Gesundheit von Menschen im Laufe eines Jahres verschlechtern und die Behandlung intensiviert werden, müsse zudem ein Wechsel von der Jahres- auf die Quartalspauschale möglich sein.

Die Versorgungspauschale soll – bis auf Ausnahmen wie Hausarztwechsel – nur eine Praxis abrechnen können. Wird die Praxis gewechselt, kann dies mit einem Zusatzkennzeichen im Übernahmequartal markiert werden, schlägt der Verband vor.

Ebenso könnte ein Zusatzkennzeichen verdeutlichen, ob es sich um eine umfängliche hausärztliche Betreuung oder eine zusätzliche mitversorgende spezielle Betreuung (wie bei Diabetes, Schmerzmedizin oder Substitution) handelt. So würde ungerechtfertigten Streichungen vorgebeugt.

Bei Entbudgetierung anders berechnen

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen künftig allgemeine hausärztliche Leistungen (Kapitel 3 EBM) samt hausärztlicher Hausbesuche (Kapitel 1.4 EBM) entbudgetiert werden. Das heißt, sie sind bei mengenbegrenzenden und honorarmindernden Maßnahmen innerhalb der MGV (morbiditätsbedingten Gesamtvergütung) außen vor.

Schöpft der hausärztliche Leistungsbedarf die „Hausarzt-MGV“ nicht aus, soll der Restbetrag über Zuschläge ausgezahlt werden. Hier weist der Verband darauf hin, dass die Zuschläge tatsächlich „vereinbart“ – und nicht nur „verhandelt“ – werden müssen. Außerdem sollte es ermöglicht werden, dass die Zuschläge pro Quartal ausgeschüttet werden und nicht nachträglich nach vier Quartalen.

Zudem merkt der Verband an, dass nötige Honorarvolumen anders berechnet werden sollte: nämlich anhand des jeweiligen Vorjahresquartals in der MGV; dieses soll künftig dann um den veränderten Behandlungsbedarf für ein Quartal dynamisch steigen. Mit dieser Systematik wären dann auch Vorwegabzüge, beispielsweise für veranlasstes Labor über Muster 10A, NäPA-Zuschläge oder geriatrische Betreuung, berücksichtigt.

Bislang sieht der Gesetzentwurf eine andere Systematik vor, die den Anteil der Hausarzt-MGV anhand der MGV-Honorare aller Ärzte berechnet. Dadurch würde das Volumen „ungerechtfertigt zu groß“.

HZV-Bonus „für alle“

Nicht zuletzt will das GVSG mit dem Bonus für Versicherte, die sich für die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) entscheiden, die Hausarztpraxen stärken. Hier sind aus Sicht des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes lediglich kleine Anpassungen nötig. So grenzten die Voraussetzungen des Bonus den Kreis der anspruchsberechtigten Versicherten noch zu stark ein.

Zudem sollte der Bonus entweder als Geldzahlung von mindestens 30 Euro oder als Zuzahlungsermäßigung gewährt werden können. Auch regt der Verband an, für Kassen einen HZV-Anreiz zu setzen; etwa indem diese bei einem hohen Anteil von HZV-Versicherten Vorteile bei der Zuteilung von Finanzmitteln bekämen.

Darüber hinaus lehnt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband die geplante Beteiligung der Länder in den Zulassungsausschüssen ab. Dies erhöhe den bürokratischen Aufwand und verlangsame die Zulassungsentscheidung. Außerdem würde dadurch die „Autonomie der Selbstverwaltung konterkariert“.

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