Terminservice-GesetzDiese Inhalte kommen im Praxisalltag an

Um das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) haben Ärzteverbände und Politiker heftig gerungen. Zum 1. Mai soll es in Kraft treten. Für Ärzte bringt das nicht nur Vorteile – doch an entscheidenden Stellschrauben konnte der Deutsche Hausärzteverband noch erfolgreich drehen.

Das “größte Versorgungsgesetz dieser Legislaturperiode”: So nennt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das von ihm angetriebene Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das zum 1. Mai in Kraft treten soll. Bis zu dessen finaler Fassung ist das parlamentarische Verfahren auf Hochtouren gelaufen: Bereits im September hatte das Bundeskabinett den Entwurf verabschiedet, nach scharfer Kritik von Ärztevertretern – etwa dem Deutschen Hausärzteverband (https://hausarzt.link/H2ZTR) – hatte Spahn jedoch weiteren Änderungsbedarf anerkannt. Ursprünglich sah sein Zeitplan ein Inkrafttreten am 1. April vor. Doch nicht zuletzt die im Wochentakt eingebrachten Änderungsanträge zur breiten Themenpalette des Gesetzes – von G-BA-Befugnissen bis zu Schranken für MVZ-Investoren – sorgten für Nachbesserungsbedarf.

Das finale, hunderte Seiten umfassende Dokument wird sich dabei auch im Praxisalltag niederschlagen (s. Kasten). Ein Pluspunkt für Hausärzte ist die Stärkung der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV): So müssen Kassen HZV-Patienten künftig einen Bonus anbieten; gekündigte Verträge sollen so lange weiter gelten, bis ein neuer unterzeichnet ist.

Beides sind Punkte, die erst auf der Zielgeraden Eingang in das TSVG gefunden haben. Eine Idee der ersten Stunde hingegen verbleibt trotz heftiger Kritik: Für eine Kassenzulassung müssen Ärzte künftig 25 statt 20 Sprechstunden pro Woche anbieten – eine Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag. Hausbesuche sind darin ausdrücklich inkludiert. Bestimmte Arztgruppen wie Augen- und Frauenärzte werden zu fünf offenen Sprechstunden pro Woche verpflichtet. Für Hausärzte gilt das nicht: Der Hausärzteverband konnte deutlich machen, dass dies in vielen Praxen bereits gelebter Alltag ist.

Vergütung per “50-30-20-Regel” für Terminservice-Patienten

Terminservicestellen sollen künftig eine wichtigere Rolle spielen und somit etwa auch Hausarzttermine anbieten. Zur Vermittlung eines Termins bekommen die bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) angesiedelten Stellen eine Woche Zeit (“Wochenfrist”, geregelt in Paragraf 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 1). Da diese Termine neu in den Praxisalltag zu integrieren sind, ist eine neue Vergütungsregel vorgesehen. Sie folgt dem Muster “50-30-20”. So werden alle Leistungen im Behandlungsfall extrabudgetär vergütet, zusätzlich können Hausärzte je nachdem, wie lange die Patienten warten müssen, gestaffelte Zuschläge zu den Versichertenpauschalen abrechnen:

  • 50 Prozent für eine Behandlung bis zum ersten Tag nach der sogenannten Wochenfrist
  • 30 Prozent für eine Behandlung ab Tag zwei nach Ablauf der Wochenfrist
  • 20 Prozent für eine Behandlung vom Beginn des ersten Tags der zweiten Woche nach Ablauf der Wochenfrist bis zum Ende des letzten Tags der vierten Woche nach Ablauf der Wochenfrist

Zehn Euro für eine Vermittlung

Das Gesetz will ausdrücklich die koordinierende Rolle von Hausärzten stärken. Dafür ist ein extrabudgetärer Vergütungszuschlag für Hausärzte vorgesehen, wenn sie Patienten eine dringliche Überweisung an Fachärzte ausstellen. In der letzten Nachbesserungsrunde am Gesetz wurde dieser von ursprünglich fünf auf zehn Euro angehoben.

Kassenprämie für HZV-Versicherte

Die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) soll für Versicherte attraktiver werden. Dafür müssen Krankenkassen künftig “Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen” für in die HZV eingeschriebene Patienten vorsehen. Zwar ist es bisher schon möglich, in der Satzung zu regeln, dass am Wahltarif teilnehmende Versicherte Zuzahlungsermäßigungen oder Prämienzahlungen erhalten. Nun wird aber verbindlich vorgegeben, dass die Krankenkassen mindestens 50 Prozent der Mehreinnahmen oder Minderausgaben, die aufgrund der Teilnahme der Versicherten an der HZV entstehen, diesen Versicherten wieder zufließen lassen müssen.

Fortgeltung von HZV-Verträgen

Kündigt die Krankenkasse einen HZV-Vertrag und kommt bis zur Beendigung dieses Vertrags kein neuer Vertrag zustande, so gelten künftig per Gesetz die Bestimmungen des bisherigen Vertrags vorläufig weiter, bis ein neuer Vertrag unterzeichnet wird. Das Ziel: Verträge für Versicherte flächendeckend aufrecht zu erhalten.

Austausch unter Ärzten

Auch datenschutzrechtlich wurde zuletzt noch am Gesetz geschraubt. Weiterhin sind Leistungserbringer verpflichtet, “den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen” sowie diesem Befunde und Co. zu übermitteln. Diese Pflicht gilt vice versa für Hausärzte. Patienten müssen dem weiter zustimmen, jedoch nicht mehr wie bislang explizit gefordert per “schriftlicher Einwilligung” (Paragraf 73 SGB V, Art. 1b). Zur Beweisführung empfiehlt sich dies aber weiterhin.

Fünf Sprechstunden mehr pro Woche

Für eine Kassenzulassung müssen Ärzte künftig 25 Sprechstunden statt bisher 20 für gesetzlich Versicherte anbieten. Der Deutsche Hausärzteverband hatte diesen Eingriff in die Praxisorganisation stark kritisiert und im Zuge dessen erreicht, dass Hausbesuche in dieser Zahl inkludiert sind. Suchen Versicherte einen Arzt, sollen sie sich künftig bundesweit einheitlich bei den KVen über die Sprechstunden der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten informieren können. Zudem müssen sie über die Barrierefreiheit der Praxen aufklären.

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