Auf ihrer Praxis-Webseite stellt die hessische Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel ihr Angebot transparent dar: Während unter der Überschrift “Allgemeinmedizin” EKG oder Lungenfunktionsuntersuchung gelistet sind, sind es unter “Frauengesundheit” etwa die Familienplanung – oder der Schwangerschaftsabbruch. Wer auf den dahinterliegenden Link klickt, kann Informationen per E-Mail anfordern.
Dafür muss Hänel nun 6.000 Euro Strafe zahlen, wie im Oktober das Landgericht Gießen bestätigt hatte (“Der Hausarzt” 18). Denn: Sie verstößt gegen Paragraf 219a.
Das umstrittene Gesetz verbietet das öffentliche Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen. Für Ärzte, die wie Hänel ihre Patienten über Abtreibungen informieren wollen, wirft das jedoch Fragen auf: Wo läuft aus rechtlicher Sicht die Linie zwischen Aufklärung und Anpreisen?
Rechtslage: Nur ein sicherer Weg
Schwangerschaftsabbrüche bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche sind in Deutschland nach Paragraf 218 StGB straffrei – sofern unter anderem eine Beratung stattgefunden hat. Die Beratungsstellen werden aktuell von Pro Familia, Diakonie, DRK und donum vitae unterhalten; auch Frauenärzte bieten die Pflichtberatung an.
Aber: Der Arzt, der den Eingriff vornimmt, darf nicht zuvor beraten haben. Doch wie steht es um die von Ärzten zur Verfügung gestellten Infos? “Der Wortlaut des Paragrafen 219a StGB ist leider eindeutig”, meint Kai Wiegand, Fachanwalt für Medizinrecht.
Auf der sicheren Seite seien Ärzte nur, wenn derartige Veröffentlichungen zu Schwangerschaftsabbrüchen zumindest vorübergehend ganz von der Webseite genommen werden, betont er.
Ärzte auf dünnem Eis
Ein potenzielles Gegenargument könnte zwar der im Paragrafen betonte “Vermögensvorteil” liefern. Aber auch hier begeben sich Ärzte auf dünnes Eis. “Auch, wenn man ausschließlich sachlich informiert, könnte ein Richter die Auffassung vertreten, dass Hintergrund dieser Information zumindest auch ein wirtschaftliches Interesse ist”, so Rechtsanwalt Wiegand.
Eine Reform des Werbeverbots war bei Redaktionsschluss weiterhin nicht in Sicht. Bis hier Bewegung ins Spiel kommt, sollten Ärzte laut Wiegand daher zurückhaltend sein. “Solange es 219a gibt, werden die Gerichte ihn wohl auch anwenden (müssen).”