Post- und Long-CovidMit Vitamin B6, B12 und Folsäure unterstützen

Man geht davon aus, dass mindestens 10% der Patienten nach einer SARSCoV-2 Infektion an Long-Covid-Symptomen leiden und schätzt die Zahl der Betroffenen auf weltweit 65 Millionen [1]. Eine kürzlich veröffentlichte deutsche Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, dass jeder vierte Patient 6 bis 12 Monate nach einer Infektion Post-/Long-Covid-Symptome aufweist, wobei Erschöpfung mit 37,2% und neurologische Einschränkungen mit 31.3%, zu den häufigsten Symptomen gehören [2].

Obwohl die Forschung erhebliche Fortschritte bei der Identifizierung verschiedener pathophysiologischer Veränderungen und Risikofaktoren sowie bei der Charakterisierung der Krankheit gemacht hat, ist das Krankheitsbild noch nicht vollständig verstanden. Eindeutig ist jedoch, dass für Long-Covid, für das mehr als 200 Symptome identifiziert wurden, eine Vielzahl verschiedenster pathologischer Veränderungen zugrunde liegen.

Fallbeispiele aus der Praxis

Fallbeispiel 1

Anamnese: In der Praxis stellte sich eine 53-jährige Grundschullehrerin vor, die über Erschöpfung und Müdigkeit klagte. Darüber hinaus berichtete sie über allgemeine Erkältungs-Symptome (Gliederschmerzen, Schnupfen und Hustenreiz) und reduziertes Riechen und Schmecken. Ein PCR-Test eines Rachen-Nasen-Abstrichs objektivierte eine akute SARS-CoV-2 Infektion.

Differentialdiagnostisch konnte eine Nieren- und Herzinsuffizienz, eine Anämie und ebenfalls ein Burn-Out-Syndrom oder Depression ausgeschlossen werden. Nach dem Ende der häuslichen Quarantäne wurde empfohlen, langsam die täglichen Spaziergänge mit dem Hund wieder aufzunehmen.

Nach insgesamt 6 Wochen der wechselhaften Rekonvaleszenz hatte sich die Fatigue-Symptomatik eher verschlechtert. Die Patientin war weiterhin nicht arbeitsfähig und in ihren Alltagsaktivitäten eingeschränkt. Die Laborbefunde zeigten eine geringgradige Leukozytopenie, erniedrigte Folsäure- und Vitamin-B12-Spiegel, sowie eine moderate Hyperhomocysteinämie (17,1 µmol/l).

Therapie und Verlauf: Die Patientin erhielt aufgrund der besseren Verfügbarkeit wöchentlich eine i.v. Injektion der Vitamine B6, B12 und Folsäure (Medivitan® iV) über einen Zeitraum von 8 Wochen.

Nach 8 Injektionen waren die Homocystein-Werte weitestgehend normal (11,2 µmol/l). Zu diesem Zeitpunkt bestanden noch leichtgradige Einschränkungen des Riech- und Geschmackssinns, ein anfänglicher Schwindel sowie die Erschöpfungssymptomatik waren jedoch nicht mehr vorhanden. Die Arbeitsfähigkeit und die gewünschte Lebensqualität waren wiederhergestellt.

Fallbeispiel 2

Anamnese: Eine junge Patientin (27 Jahre), seit 8 Jahren Hochleistungssportlerin (Triathlon), litt in den letzten Jahren gehäuft unter Infekten der oberen Luftwege.

In der Wintersaison 2021 war durch die rezidivierenden Erkrankungen kein Leistungssport mehr möglich. In der sportärztlichen Untersuchungs- und Beratungsstelle vorstellig geworden, zeigten sich nach Anamnese, körperlichem Befund und ausbelastender Vita-maxima-Spiroergometrie neben typischen Zeichen eines reduzierten Trainings folgende Auffälligkeiten:

  • Verlängerung der Erholungsphase in 12-Kanal-Fahrrad-Spiro-Ergometrie nach dem Vita-maxima-Prinzip (je 2 min Steigerung um 25 Watt bis Ausbelastung: Puls 200 – Lebensalter),
  • muskuläre und allgemeine Erschöpfung,
  • Erniedrigung der PWC-170 (Pulse oder Physical Working Capacity) auf 3,2 W/kg (früher Werte bis 4,7 W/kg),
  • maximale Herzfrequenz: 144/min, Abbruch wegen muskulärer Erschöpfung.

Weiter klagte die Patientin über Müdigkeit, erhöhten Schlafbedarf, Geruchs- und Geschmackseinschränkungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Eine SARS-CoV-2 Infektion konnte bestätigt werden, der Laborbefund zeigte zudem grenzwertig niedrige Folsäure- und Vitamin-B12-Spiegel und einen leicht erhöhten Homocysteinspiegel (16,2 µmol/l).

Therapie und Verlauf: Der Patientin wurde neben der häuslichen Isolation eine temporäre Trainingspause und allgemeine Aktivitätseinschränkungen empfohlen. Nach Ende der Quarantäne wurde begleitend Medivitan® iV 3-mal wöchentlich über 3 Wochen appliziert.

Anschließend konnte nach unauffälligem internistischem Status und Normalbefunden in 12 Kanal-EKG, Vita-maxima-Spiro-Ergometrie und Echokardiografie mit dem „Return to Sport Programm“ der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin begonnen werden.

Mittlerweile konnte die Patientin bei ständig gesteigerter Trainingsdosis und -intensität bei sonst unveränderter Trainingsgestaltung wieder ihre alte Leistungsfähigkeit erreichen und die Fatigue reduzieren. Der Homocysteinspiegel war auf 12,4 µmol/l gesunken.

Einordnung der Fälle

Aktuelle wissenschaftliche Publikationen legen einen Zusammenhang zwischen einer SARS-CoV-2 Infektion und relevanten Störungen des C1-Stoffwechsels und der funktionellen Vitaminverfügbarkeit nahe [3-6].

Dieser Stoffwechselweg, der für die universelle Bereitstellung von Methylgruppen benötigt wird, ist auf eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen B6, B12 und Folsäure angewiesen.

Eine Störung dieses Stoffwechsels kann zu erheblichen Defiziten bei den Synthesen der Nukleinsäuren, Neurotransmittern, bestimmten Aminosäuren, Fettsäure-Carrier, Energieträger und Antioxidantien führen [7].

Eine SARS-CoV-2 Infektion ist mit einer gestörten Redox-Homöostase und einer Akkumulation reaktiver Sauerstoffverbindungen verbunden, die auf eine Verarmung von Glutathion, einem Produkt des C1-Stoffwechsels, zurückgeführt wird [3,8].

Dieser oxidative Stress erhöht das Risiko, dass das redoxsensitive Vitamin B12 (Cobalamin I) zu nicht funktionalem Cobalamin II oxidiert wird. Die Folge ist eine Beeinträchtigung der Funktion der Methionin-Synthase im C1-Stoffwechsel, Homocystein in Methionin umzuwandeln und nachfolgend Methylgruppen zu generieren.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Virusreplikation mit einem erhöhten Methylgruppenverbrauch verbunden ist. In transkriptionellen und metabolischen Untersuchungen konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass SARS-CoV-2 den Vitaminmetabolismus und den C1-Stoffwechsel regelrecht kapert.

Es erfolgt eine Umgestaltung dieser Stoffwechselwege zugunsten der Virusvermehrung [6]. Dies führt zu einer signifikanten Überbeanspruchung des C1-Stoffwechsels, was nicht nur zu einem erhöhten Bedarf der B-Vitamine führt, sondern darüber hinaus die Verfügbarkeit der Methylgruppen reduziert [3,4].

Bei und nach einer SARS-CoV-2 Infektion ist also von einem erhöhten Bedarf der Vitamine B6, B12 und Folsäure und einem damit verbundenen erhöhten Risiko eines Mangels an diesen Vitaminen auszugehen. Es verwundert daher nicht, dass Long-Covid-Patienten zahlreiche überschneidende Symptome (Erschöpfung, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen usw.) mit der perniziösen Anämie (Vitamin-B12-Mangel-Anämie) aufweisen [3].

Literatur

  1. Davis HE et al. Long COVID: major findings, mechanisms and recommendations. Nature Reviews Micro-biology, 2023
  2. Peter RS et al. Post-acute sequelae of covid-19 six to 12 months after infection: population based study. BMJ, 2022.379:e071050
  3. McCaddon A, Regland B. COVID-19: A methyl-group assault? Med Hypotheses,2021.149:110543
  4. Perla-Kajan J, Jakubowski H. COVID-19 and One-Carbon Metabolism. Int J Mol Sci,2022,23(8)
  5. Hayden MR, Tyagi SC. Impaired Folate-Mediated One-Carbon Metabolism in Type 2 Diabetes, Late-Onset Alzheimer’s Disease and Long COVID. Medici-na, 2021.58(1):16
  6. Zhang Y et al. SARS-CoV-2 hijacks folate and one-carbon metabolism for viral replication. Nature Communications, 2021.12(1):1676
  7. Kister K. B12, B6 und Folsäure – Bedeutung der Trias für den Stoffwechsel. cme-Verlag, 2020:1-17
  8. Delgado-Roche L, Mesta F. Oxidative Stress as Key Player in Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus (SARS-CoV) Infection. Archives of Medical Research, 2020.51(5):384-387

Impressum

  • Report in „Der Hausarzt“ 17/2023 Bericht: Dr. med. Wolfgang Grebe
  • V.i.S.d.P.: J. Dielmann-von Berg
  • Die  Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte
  • Mit freundlicher Unterstützung von MEDICE

Medivitan® iV Fertigspritze, Medivitan® iV Ampullen. Zus.setz.: Wirkst.: 4 ml Inj.lsg I enth.: Cyanocobalamin 1 mg; Pyridoxin 4,11 mg, 1 ml Inj.lsg. II enth.: Folsäure 1,05 mg. Sonst. Best.teile: Natriumchlorid, Natriumhydroxid, Wasser f. Injektionszwecke. Anw.geb.: Komb. Mangel an Vit. B6, Vit. B12 und Fols. b. Erw., d. ernähr.mäßig nicht behoben werden kann. Gg.anz.: Überempfindlk. gg. d. Wirkstoffe o. einen d. sonst. Best.teile, Vorl. einer entzündl. Gewebsveränd. i. Appl.gebiet, Verdacht auf Fols.überempfindlk., Megaloblastenanämie infolge eines isol. Vit.-B12-Mangels, isol. Fols.mangel. NW: Sehr selt. wurde b. par. Anw. v. Cyanocobalamin ü. Akne, ekzematöse u. urtikarielle Arzn.m.reakt. sow. ü. anaphylaktische bzw. anaphylaktoide Reakt. berichtet. Sehr selt. können allerg. Überempfindlk.reakt. (Hautreakt., Urtikaria, Schockzust.) auf Fols. auftr.. Geleg. kann es z. lok. Unverträglk. kommen. Fols. kann in hohen Dosen gelegentl. zu gastrointest. Stör. führen. Nicht bekannt: Bei Folsäure anaphylaktische Reaktion. Warnhinw.: Enthält Natrium. Apothekenpflichtig. MEDICE Iserlohn; 08/2021

Medivitan® iM mit Lidocain. Zus.setz.: Wirkst.: 4 ml Inj.lsg. I enth.: Hydroxocobalaminhydrochlorid 1 mg; Pyridoxinhydrochlorid 5 mg, 1 ml Inj.-lsg. II enth.: Natriumhydrogenfolat 1,1 mg. Sonst. Best.teile: Natriumhydroxid, Lidocainhydrochlorid, Wasser f. Inj.zw.. Anw.geb.: Komb. Mangel a. Vit. B6, Vit. B12 u. Folsäure, d. ernähr.mäßig nicht behob. werd. kann. Gg.anz.: Überempfindlk. gg. d. Wirkstoffe o. einen d. sonst. Best.teile. Vorl. einer entzündlichen Gewebeveränderung i. Appl.gebiet. Überempfindlk. gg. Lokalanaesth. v. AMID-Typ. Megaloblastenanämie infolge eines isol. Vit. B12-Mangels, isol. Fols.mangel. NW: Sehr selt. wurde b. par. Anw. v. Hydroxocobalamin ü. Akne, ekzematöse u. urtikarielle Arzneim.reakt. sow. ü. anaphylaktische bzw. anaphylaktoide Reakt. berichtet. Sehr selt. können allerg. Überempfindlk.reakt. (Hautreakt., Urtikaria, Schockzust.) auf Fols. o. auf Lidocain auftr.. Gel. kann es zu lok. Unverträglk. kommen. Fols. kann i. hohen Dosen gelegentl. zu gastrointestinalen Stör. führen. Nicht bekannt: Bei Fols. anaphylaktische Reaktion. Warnhinweis: Enthält Natrium. Verschr.pfl. MEDICE Iserlohn; 11/2021

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