In der Diabetologie übernehmen Apps bereits vielfältige Aufgaben.
Doch App ist nicht gleich App – den digitalen Unterstützer sollten Sie mit Bedacht auswählen.
Von Präventionsmaßnahmen bis hin zur Berechnung des idealen Insulinbolus: In der Diabetologie können Apps verschiedenste Funktionen erfüllen (s. Tab. 1). Das Angebot an verfügbaren Apps ist enorm – hier finden Sie Tipps zur Beurteilung.
Tab. 1: Einsatzgebiete von Apps in der Diabetologie |
Prävention |
Informationen über das Krankheitsbild |
Ernährungsinformationen |
Alternative zum handschriftlichen Diabetestagebuch: Dokumentation von Zuckerwerten, Insulin, Ernährung, Ereignissen |
Erinnerung an Blutzuckermessungen und Insulinabgaben |
Unterstützung bei der Berechnung des Insulinbolus |
Unterstützung bei der Antizipation des zu erwartenden Zuckerverlaufs |
Übertragung von Werten aus Zuckermessgeräten, Insulinpens und Insulinpumpen |
Anpassen der Einstellungen von Zuckermessgeräten und Insulinpumpen |
Steuerung der Insulinpumpen |
Derzeit ist die Veröffentlichung von Apps
weitgehend unreguliert. Die Betreiber der App-Plattformen prüfen die Apps auf deren
technische Anwendbarkeit, nicht aber auf
deren Inhalt. Bei der Beurteilung von Apps
können daher Kriterien zur Bewertung gesundheitsbezogener Apps helfen (s. Tab. 2). Solche Kriterien entwickelt hat etwa das Peter L.Reichertz Institut für Medizinische Informatik, das außerdem eine Checkliste für die Nutzer von Apps zusammengestellt hat:
Die Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie (AGDT) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) hat das Qualitätssiegel DiaDigital ins Leben gerufen: Diabetes-Apps werden anhand definierter Kriterien auf ihre Funktionalität und inhaltliche Richtigkeit untersucht, bevor sie das Siegel erhalten. Eine Liste der Apps, die bereits über das Siegel verfügen, findet sich auf der Webseite von DiaDigital (s. o.).
Nur wenige Apps kommen ohne Internetverbindung aus. Der Vorteil dieser Offline-Apps ist, dass die Daten des Nutzers auf seinem Smartphone bleiben – die Datensicherheit ist daher hoch. Dagegen speichern cloudbasierte Apps vom Nutzer angelegte Daten auf dem Server des App-Betreibers. Das hat zwei Vorteile: Ist das Smartphone defekt oder verliert es der Nutzer, gehen die Daten nicht verloren. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass der Patient die Daten online an weitere Personen übermittelt, etwa – im Sinne der Telemedizin – an den Behandler.
Aus der Vielzahl von Apps stellen wir Ihnen folgende Auswahl vor:
Die Präventions-App erhebt routinemäßig Daten über das Smartphone oder andere digitale Quellen und gibt dem Nutzer personalisierte zeitlich und örtlich passende Präventionsempfehlungen. Etwa gleicht die App Vorschläge für mehr Bewegung im Alltag mit dem persönlichen Kalender ab und stimmt diese über GPS mit der unmittelbaren Umgebung der Person ab.
Der Broteinheiten/BE-Rechner Pro hilft bei der Einschätzung von BE/KE und Kalorien der täglichen Lebensmittel. Zusätzliche Informationen bietet Nutricheck: Etwa ermöglicht die App Diabetikern mit Nierenproblemen, die Lebensmittel nach dem Eiweißgehalt aufsteigend zu sortieren.
Die Nutzer können Gewicht, Blutdruck, Bewegung und Freitext-Bemerkungen manuell
erfassen, die Blutzuckerwerte werden aus dem firmeneigenen Messgerät übernommen. Die Tagebuchdaten können die Nutzer als PDF weiterleiten. Laut Hersteller werden die eingegebenen Gesundheitsdaten ausschließlich auf dem mobilen Endgerät gespeichert; B.Braun hat auf diese Daten keinen Zugriff.
Die App zur Therapieunterstützung erfasst Blutzuckerwerte und erinnert Diabetiker
daran, ihren Blutzucker zu messen. Sehbehinderte und Blinde können sich die Blutzuckermessungen per Sprachausgabe anhören.
Tab. 2: Kriterien zur Beurteilung einer App |
Prävention |
Der Zweck der App ist klar beschrieben. |
Es ist gekennzeichnet, ob es sich um ein Medizinprodukt handelt oder nicht. |
Der Informationsgehalt der App ist korrekt und auf dem aktuellen Stand. |
Die Datenschutzrichtlinien werden aufgeführt. |
Ein Impressum ist vorhanden und leicht zu finden. |
Es wird ein Ansprechpartner für gesundheitsbezogene Informationen der App genannt bzw. es gibt ein Kontaktformular. |
Der Verantwortliche ist inklusive seiner Qualifikation angegeben. |
Auf ggf. bestehende Werbepolitik wird hingewiesen bzw. ggf. vorhandene Finanzierungsquellen werden vollständig genannt. |
Die häufige Nutzung von Apps weist darauf hin, dass Patienten im Alltag einen konkreten Vorteil haben. Aber welchen medizinischen Nutzen haben Diabetes-Apps? In einer Metaanalyse von 13 randomisierten, kontrollierten Studien aus dem Zeitraum 2008 bis 2016 wurde von einem positiven Effekt von Diabetes-Apps auf den HbA1c-Wert berichtet [1].
Auch in einer retrospektiven Datenanalyse zur App „Glooko Mobile“ zeigte sich durch die Nutzung der mobilen Plattform ein Anstieg in der Häufigkeit der Blutzuckermessung, die durchschnittlichen Zuckerwerte waren im Vergleich zur Kontrollgruppe niedriger und es traten seltener Hyperglykämien auf [2].
Jedoch gibt es auch kritische Evaluierungen, etwa warnt eine Studie vor dem Einsatz von Apps zur Berechnung des idealen Insulinbolus [3]: Fehler bei der Berechnung der Insulindosis können zu lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisungen führen. ∞
Nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) müssen App-Betreiber darüber aufklären, wie die Daten des Nutzers gespeichert und verarbeitet werden. Raten Ärzte Ihren Patienten aktiv zum Gebrauch einer App, empfiehlt es sich, sie auch auf die datenschutzrechtlichen Aspekte hinzuweisen.
Apps haben das Potenzial, die Behandlung von Diabetikern
zu verbessern. Jedoch sind Apps und deren Qualität
ausgesprochen heterogen. Bei der Bewertung von Apps können Kriterien und Qualitätssiegel vertrauenswürdiger Institutionen helfen.Zweifellos ersetzen Diabetes-Apps nicht die persönliche Betreuung durch Ärzte und Diabetesfachkräfte.
iStockphoto – AndreyPopov
Den Originalbeitrag finden Sie auf www.hausarzt.digital unter: https://www.hausarzt.digital/medizin/diabetologie/hba1c-senken-dank-app-61777.html
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